Was ist eigentlich Geld?

Ich zitiere mal ein paar Gedanken des belgischen Finanzexperten Bernard Lietaer über Geld:

“Geld ist nichts anderes als die Vereinbarung einer Gemeinschaft, etwas als Tauschmittel zu verwenden. Das können Muscheln sein, Kamele, Weizen, aber auch Eisenbarren, Mühlsteine oder Goldmünzen. Oder eben Banknoten aus Papier. Im Nachkriegsdeutschland schufen die Menschen spontan eine Zigarettenwährung. Entscheidend dafür, ob etwas Geld ist, ist allein die Tatsache, dass Sie und ich und der Rest der Gemeinschaft uns darüber einig sind, etwas als Geld zu definieren. Und schon ist es Geld! Natürlich haben dabei immer auch praktische Erwägungen eine Rolle gespielt: Der Siegeszug des Goldes seit der Antike liegt in seiner physischen Beschaffenheit und seiner leichten Transportierbarkeit. Weizen kann von Ratten gefressen werden oder keimen. Gold ist beständiger.
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In den vergangenen 30 Jahren hat es Währungskrisen in 87 Ländern gegeben. Die Krisen in Mexiko 1995, in Asien 1997, in Russland 1998 oder in Ecuador 1999 sind nur die Spitze des Eisberges.

Als 1971 die Nixon-Regierung den Dollar vom Goldstandard gelöst und die festen Wechselkurse aufgehoben hat, war dies das Ende des Weltwährungssystems der Nachkriegszeit. Seither ist unser internationales Geldsystem von der materiell-physischen Realität abgekoppelt. Die Weltwirtschaft verfügt über keinen allgemein anerkannten Wertmaßstab mehr. Unsere Währungen sind reine Fiat-Währungen, das heißt, die Geldschöpfung geschieht heute aus dem Nichts, beziehungsweise sie beruht auf der Kreditvergabe der privaten Banken und ist somit an keine materielle Wirklichkeit mehr gebunden. Die Digitalisierung des Geldes durch die Computertechnik ermöglicht es zudem, große Geldsummen als elektronische Daten zu übermitteln. Dadurch haben die spekulativen Devisentransaktionen in einem ungeheuren Ausmaß zugenommen. Heute entsprechen nur zwei Prozent aller Devisentransaktionen einem realen Austausch von Gütern und Dienstleistungen, 98 Prozent sind spekulativ. In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts lag das tägliche Volumen der Devisentransaktionen bei 20 bis 30 Milliarden US-Dollar. Heute werden weltweit jeden Tag zwei Billionen US-Dollar transferiert.”

Der Mann hat in der belgischen Zentralbank gearbeitet und war dort verantwortlich für die Einführung des ECU, dem Vorläufer des Euro.

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4 thoughts on “Was ist eigentlich Geld?

  1. zitat“Weizen kann von Ratten gefressen werden oder keimen. Gold ist beständiger.“

    und könig midas hat eselsohren *g*

    habe das zuletzt auch in der zeit gelesen, dass man doch wieder dazu übergehen sollte, real werte hinter die kredite zu legen – eigentlich muss ich als ottonormalkreditnehmer ja auch sicherheiten bieten – und wenns wie in den usa nur ne schrottimmobilie ist, hihi

    der link funktioniert jetzt übrigens, ich glaub, ich hatte damals statt „save“ „reset“ gedrückt, ich schlafmütze

  2. Über Geld kann man abendfüllend philosophieren. Die Erfinder des Giralgeldes oder virtueller Konten und Guthaben waren angeblich Eingeborene in Papua-Neuguinea. Denen war ein Mühlstein, die damals übliche Währung, in den Fluss gefallen. Keiner konnte den Stein herausholen, also blieb er dort liegen und wechselte fortan den Besitzer, obwohl er unbeweglich im Fluss lag.

    Gold kam übrigens auch deshalb in Mode, weil es ein weiches Metall ist und der jeweilige Herrscher sein Konterfei auf die Münzen prägen lassen und damit seinen Machtanspruch dokumentieren konnte.

    Muscheln taugen nicht viel, denn jeder kann an den Strand gehen und sich neue suchen. Das waren vermutlich die Vorläufer der Inflation.

    Auf Vanatou, einem souveränen Inselstaat im Südpazifik, gibt es auch heutzutage überhaupt keine Währung, obwohl sie dort eine Zentralbank haben. Die wird nie abgeschlossen, und im Vorgarten residieren einige Schweine – ein Teil der dortigen Währung, die man Tauschwirtschaft nennt.

  3. also die idee mit den muscheln und der inflation finde ich großartig – aber ein schwein im vorgarten ist weniger mein ding. tauschwirtschaft aber finde ich jetz wieder gut, so manch einer könnte da ungeliebte dinge leichter loswerden und könnte so manch einen totschlag verhindern

  4. Ich gebe nur zu bedenken, dass Muscheln als Währung ziemlich untauglich sind. Solange jeder an den Strand gehen und seine Währung einsammeln und vermehren kann, solange unterliegen die Menschen dem, was Volkswirte als Geldillusion bezeichnen. Du hast einen Sack voll Muscheln und denkst, Du bist reich, da kommt ein anderer Kreti daher, der früher aufgestanden ist. Und schon kannst Du das Huhn, das Du auf dem Markt erstehen wolltest, nicht mehr bezahlen…
    Vielen Dank übrigens für den aktualisierten Link!

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