Ganz neue Töne

In Washington treffen sich mal wieder die Finanzminister und Notenbankgouverneure von rund 185 Staaten zur Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (das ist sozusagen die Finanzfeuerwehr der Vereinten Nationen für in Not geratene Länder) und der Weltbank (das ist die Schwesterorganisation des IWF, eine Art Universität mit geballtem entwicklungspolitischem Wissen und angeschlossener Bank, die als globaler Entwicklungsfinenzierer auftritt). Der Chef des IWF, Dominique Strauss-Kahn, wird als künftiger Staatspräsident Frankreichs gehandelt. Gegenüber der Deutschen Welle hat er neue wirtschaftspolitische Ansätze gefordert – ganz neue Töne.

Die Schwellenländer haben die Finanzkrise weitaus besser verkraftet als die Industrieländer, ihre Wirtschaft wächst laut IWF im Schnitt in diesem und im kommenden Jahr um 6,5 Prozent, während die Industrieländer (freilich von einem weitaus höheren Niveau) nur um 2,5 Prozent wachsen.

Damit bekommen die Schwellenländer ein Problem: Weil die Zentralbanken der Industrieländer zur Bekämpfung der Finanzkrise die Märkte mit Geld überschwemmt und die Zinsen auf fast Null gesenkt haben, sucht sich das Kapital bessere Anlagemöglichkeiten und findet sie in den Schwwellenländern (die höhere Zinsen und Wachstumsraten aufweisen). Wenn Banken, Pensions- und Hedgefonds z.B. plötzlich alle in Brasilien investieren und den brasilianischen Real kaufen wollen, dann steht die dortige Währung unter einem enormen Aufwertungsdruck, was Gift für die dortige Exportindustrie ist, weil alle brasilianischen Exportprodukte auf dem Weltmarkt teurer werden. Und nun kommt der Gag: Der IWF, früher der Gralshüter der Monetaristen und der neoliberalen Marktwirtschaft, rät den Schwellenländern, Kaptitalverkehrskontrollen in Erwägung zu ziehen – das sagte zumindest IWF Chefvolkswirt Olivier Blanchard am Montag in Washington bei der Vorstellung des World Economic Outlook . Völlig neue Töne also von Institutionen, die jahrelang verschrien waren, als Gegenleistung für ihre Finanzhilfen den neoliberalen Turbokapitalismus einzufordern.

P.S.: Auch der Chef der IWF-Kapitalmarktabteilung, José Viñals, der am Mittwoch den Financial Stability Report vorgestellt hat, empfiehlt den Schwellenländern neuerdings Kapitalverkehrskontrollen.

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