Pause für den Weltmeister

Foto: Ingo Fürchtenbusch / pixelio.de

Na bitte: Deutschlands Überschuss in der Leistungsbilanz ist das dritte Jahr in Folge gefallen. Damit gehen allen Kritikern, die Deutschlands Exportstärke als unverhältnismäßig und schädlich für andere Volkswirtschaften geißeln, langsam die Argumente aus.

 

Der Überschuss verringerte sich im vergangenen Jahr auf 7,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, nach 7,9 Prozent im Jahr 2017, 8,5 Prozent 2016 und dem Hochpunkt von 8,9 Prozent im Jahre 2015, berichtet das Münchner !fo-Institut. Die EU hält höchstens sechs Prozent für langfristig tragfähig.

Der Rückgang ist auf zwei Ursachen zurückzuführen: Einmal sank der Überschuss beim Warenexport gegenüber Europa, weil Deutschland im vergangenen Jahr mehr aus seinen Nachbarländern importiert hat. Außerdem nahm die Jahreswirtschaftsleistung einschließlich Inflation recht kräftig zu – nämlich um 3,4 Prozent. Damit verringert sich der Exportanteil automatisch, selbst wenn er in absoluten Zahlen gleich bliebe.

Allerdings dürfte Deutschland im Jahr 2018 immer noch das Land mit dem weltweit größten Leistungsbilanzüberschuss sein, wie schon in den beiden Jahren zuvor. Mit 294 Milliarden US-Dollar (249 Milliarden Euro) liegt der deutsche Wert vor Japan, das einen Überschuss von 173 Milliarden US-Dollar aufweist, was 3,5 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung entspricht.

Auf Rang drei folgt neuerdings Russland mit rund 116 Milliarden US-Dollar (7,0 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung). Dagegen dürften die USA wieder das Land mit dem größten Leistungsbilanz-Defizit sein mit etwa 455 Milliarden US-Dollar, was aber nur 2,3 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung entspricht.

Ungeachtet der Handelsstreitigkeiten vergrößerte sich das Leistungsbilanz-Defizit der USA um weitere fünf Milliarden US-Dollar. Der Warenhandel wurde noch defizitärer, dafür vergrößerten sich die Überschüsse beim Verkauf von Dienstleistungen und bei den Einnahmen aus Auslandsvermögen. Die Ausfuhr nach China reduzierte sich deutlich, während die Einfuhr aus China weiter kräftig zulegte.

China ist im Jahr 2018 nicht mehr unter den ersten drei Ländern mit den höchsten Überschüssen zu finden. Verantwortlich hierfür ist ein deutlich niedrigerer Überschuss im Handel mit Waren, der sich aber weniger aus den Handelsstreitigkeiten ergeben hat, sondern aus verstärkten Maschinen-Einfuhren. China will bekanntlich weg von bloßer Auftragsproduktion und stattdessen bis 2015 selbst zu Technologieführer in vielen Branchen aufsteigen.

Russland ist erstmals unter den drei Ländern mit dem höchsten Überschuss. Der ungewöhnlich große Anstieg des Überschusses im vergangenen Jahr ist auf den Warenhandel zurückzuführen. Während die Ausfuhr weiter zulegte, nicht zuletzt wegen steigender Erdöl- und Erdgaspreise, stagnierte die Einfuhr. Dies dürfte eine Folge verschiedener politischer Maßnahmen sein, die darauf abzielen, die Abhängigkeit von Einfuhren langfristig zu verringern.

Leistungsbilanz-Überschüsse gehen definitionsgemäß mit hohen Netto-Kapitalexporten einher. Deutschland baut damit mehr finanzielle Forderungen gegenüber dem Ausland auf als das Ausland gegenüber Deutschland. Neben dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen an das Ausland erhöhen auch Erträge aus ausländischen Vermögenstiteln den Leistungsbilanzüberschuss, da sich hierdurch die Zahlungsansprüche an das Ausland erhöhen. Dauerhaft hohe Überschüsse in der Leistungsbilanz könnten dann problematisch werden, schreibt das Ifo-Institut, wenn die Forderungen nicht eingelöst werden können, etwa wenn das Ausland nicht mehr fähig sei, die Zinslast zu bedienen. Das aber ist – zumindest bei den USA und China – wohl kaum zu befürchten.

 

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