Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Herrn Draghi

Foto: dreimirk30 / pixelio.de
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Die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank alimentiert nicht nur reformunwillige Staaten, sondern ist auch eine gigantische Umverteilung von unten nach oben.

 

 

 

 

US-Notenbankchefin Janet Yellen hat kürzlich die Finanzmärkte mit deutlichen Worten auf bald steigende Zinsen eingestimmt. Ein solcher Schritt nach oben sei unter gewissen Bedingungen auf einer der nächsten Sitzungen „wahrscheinlich angebracht“, sagte Yellen vor dem Bankenausschuss des US-Senats. Es sei aus ihrer Sicht unklug, die Straffung zu lange hinauszuzögern.

Die nächste Fed-Sitzung steht im März an. Experten erwarten aber, dass die Notenbank bis Juni mit einer Erhöhung wartet. Dann lassen sich die Auswirkungen der Haushaltspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump auf die Wirtschaft besser abschätzen. Der indes ärgert sich darüber, dass Yellen den Dollar stärkt. So hat er sich jüngst im „Wall Street Journal“ darüber beklagt, dass der Wechselkurs des Dollars zu hoch sei: „Unsere Unternehmen können mit ihnen momentan nicht konkurrieren, weil unsere Währung zu stark ist. Und das bringt uns um.“

Klar, dass Trump die kompetente und selbstbewusste Chefin der US-Notenbank eher heute als morgen loswerden will. Aber er kann sie nicht feuern – sie ist von seinem Amtsvorgänger Barack Obama ernannt. Die Fed ist unabhängig und nicht weisungsgebunden, Yellens Amtszeit läuft erst im Februar 2018 ab. Und bis dahin lässt sie sich nicht von einem Populisten im Weißen Haus in ihr Handwerk hineinpfuschen.

Gut so. Denn sie hat erkannt, dass dauerhafte Nullzinsen nicht unbedingt die Wirtschaft stimulieren, sondern im Gegenteil äußerst giftig sein können, weil sie die falschen Anreize schaffen. Null Zinsen und massenhaft Liquidität geben eben nicht dauerhaft einen konjunkturellen Impuls, sondern subventionieren Kreditnehmer, die am Markt eigentlich nicht mehr bestehen könnten – in einer Studie der Deutschen Bank werden die als Zombies bezeichnet.

Weshalb erzähle ich diese alten Kamellen? Weil sie einem Italiener auf der anderen Seite des Atlantiks, auf unserer Seite, schwer zu denken geben müssten – dem Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. Der macht bekanntlich seit Monaten nichts anderes, als mit dem Kauf von Anleihen massenhaft Liquidität in die Märkte zu pumpen. Vorgeblich, um die Banken mit Geld und damit die Wirtschaft mit günstigen Krediten zu versorgen, um die Wirtschaft in Euroland anzukurbeln.

Futter für Populisten

Aber langsam muss er sich überlegen, wie lange er noch diese aberwitzige Liquiditätschwemme durchhalten kann. Denn je mehr die Fed zur geldpolitischen Normalität zurückkehrt, sprich die Zinsen in kleinen Schritten anhebt, desto größer wird das Zinsgefälle zwischen den USA und der Europäischen Währungsunion. Das aber wertet tendenziell den Dollar weiter auf – und gibt Populisten in Washington Argumente in die Hand, einen – von Europa entfachten und angeblich unfairen – Handels- und Währungskrieg zu beklagen.

Hinzu kommt, dass dem Chef der EZB ein weiteres Argument für seine irrwitzige Politik der maßlosen Geldflut abhanden gekommen ist: Es gibt in Europa schlicht und ergreifend keine Deflation. Dieses Gespenst musste oft als Begründung für die ultralockere Geldpolitik der EZB herhalten. Indes: Eine Gefahr der Deflation hat in Europa nie bestanden – auch wenn die Inflationsraten in Euroland teilweise gegen Null tendierten. Nun aber neigen die Inflationsraten zu den – von der EZB als Idealzustand angestrebten – knapp zwei Prozent. Warum also immer noch diese aberwitzige Geldflut für Euroland? Continue reading „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Herrn Draghi“