Die Rentenlücke wird größer

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Wer in Rente geht, hat heutzutage gemischte Gefühle. Einerseits die Erleichterung: Es ist geschafft. Andererseits die Frage: Kann ich meinen Lebensstandard halten? Ökonomen sagen: Viele Neurentner müssen den Gürtel enger schnallen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ist in einer Studie der Frage nachgegangen, inwieweit die drei Säulen der Alterssicherung bestehend aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge ausreichen, den Konsum der Erwerbstätigen aus rentennahen Jahrgängen zu decken, wenn diese jetzt in den Ruhestand gingen. Dazu wurden Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) von 2012 zu Rentenanwartschaften, Vermögen und Konsum der Geburtsjahrgänge 1948 bis 1957 ausgewertet.

Die Forscher kamen zu dem Ergebnis: Rund die Hälfte der heute 55- bis 64-jährigen Erwerbstätigen wird als Rentner ihren aktuellen Lebensstandard nicht halten können. Und dabei haben die Forscher um den DIW-Rentenexperten Markus Grabka noch nicht einmal pessimistische Annahmen über das Ende eines Berufslebens getroffen: Sie gingen bei ihren Berechnungen davon aus, dass die Arbeitnehmer bis zum derzeit durchschnittlichen Rentenzugangsalter von 64 Jahren arbeiten und ihre letzte berufliche Position beibehalten

Das Studienergebnis dürfte den Befürchtungen der meisten Menschen entsprechen: Im Alter wird das Geld knapp werden – außer für Beamtinnen und Beamte, die gut dotierte Pensionen beziehen. Bekanntermaßen sinkt seit etwa zwei Jahrzehnten das Rentenniveau, das das Verhältnis der Rentenbezüge zu den Löhnen wiedergibt.

DIW-Forscher Grabka schreibt in der Studie: „Die Hälfte der Menschen, die in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen, werden ihren gewohnten Konsum nicht decken können“. Dafür reiche die Rente nicht. Wer als Neurentner seinen Konsum nicht einschränke, müsse nach seinen Berechnungen pro Monat Schulden in Höhe von 540 bis 740 Euro machen.

Quelle: DIW Berlin

58 Prozent der Erwerbstätigen aus rentennahen Jahrgängen könnten ihren Konsum nicht aus Anwartschaften aus der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge oder Beamtenpensionen decken, wenn sie jetzt in den Ruhestand gingen, heißt es in der Studie. Sie hätten im Schnitt eine potentielle Versorgungslücke von monatlich rund 700 Euro. Private Versicherungen wie die Riester- und Rürup-Rente würden den Anteil der 55- bis 64-Jährigen mit einer potentiellen Versorgungslücke lediglich um zwei Prozentpunkte senken. Auch wenn sie zusätzlich ihr privates Vermögen einsetzten, könnten gut 40 Prozent ihren aktuellen Konsum nicht decken. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der DIW-Studie, die von der Hans-Böckler-Stiftung finanziert wurde. Continue reading „Die Rentenlücke wird größer“

Kommt bald die Rente mit 70?

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Die Bundesbank mischt sich in die Diskussion um eine Reform der Rentenversicherung ein und schlägt langfristig eine Anhebung des Rentenalters auf mehr als 69 Jahre vor. So soll verhindert werden, dass das Rentenniveau künftig zu tief absinkt. Zudem ließe sich so die Dauer des Rentenbezugs weitgehend stabil halten, schreibt die Bundesbank in ihrem neuesten Monatsbericht (10/2019).

 

 

Konkret empfehlen die Frankfurter Währungshüter, das Renteneintrittsalter mit der steigenden Lebenserwartung schrittweise zu erhöhen, und zwar bis zum Jahr 2070. „Die zunehmende Lebenszeit wäre dann mit einer längeren Erwerbsphase verbunden, aber auch die Zeit des Rentenbezugs würde wachsen.“ Nach den Bundesbank-Vorschlag würden im Jahre 2001 Geborene dann 2070 erst mit 69 Jahren und vier Monaten in Rente gehen. Derzeit ist geplant, dass das gesetzliche Rentenalter bis 2031 auf 67 Jahre steigt.

Die offiziellen Vorausberechnungen für die Rente enden im Jahre 2032.  Doch die Lebenserwartung ist zuletzt immer stärker gestiegen und wird Schätzungen zufolge künftig weiter zunehmen. Das setzt nach Berechnungen der Bundesbank die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung unter Druck. Die Währungshüter sehen deshalb Reformbedarf: „Andernfalls steigen die Ausgaben auf Dauer deutlich stärker als die Einnahmen“, warnen sie.

Der Vorschlag der Bundesbank sieht vor, dass das gesetzliche Rentenalter ab 2032 um durchschnittlich einen dreiviertel Monat pro Jahr steigt. Versicherte würden künftig dann zwar länger arbeiten müssen – und somit mehr in die Rentenversicherung einzahlen. Sie würden aber auch länger Rente beziehen. „Sie würden hinsichtlich der Relation von Renten- zu Beitragsphase
also nicht schlechter gestellt“, unterstreicht die Bundesbank.

Die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters würde der Notenbank zufolge auch dazu beitragen, dass das Rentenniveau langfristig nicht zu stark absinkt. Dabei wird berechnet,  wie viel
eine durchschnittliche Rente wert ist im Vergleich zu einem Durchschnittseinkommen. Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent. Mit der Erhöhung des Rentenalters würde es bis 2070
laut Bundesbank-Berechnungen auf rund 43 Prozent sinken und sich bei 44 Prozent stabilisieren. Zum Vergleich: Ohne diese Änderungen würde das Rentenniveau bis 2070 auf rund 40 Prozent
schrumpfen.

Der Teil des Monatsberichts Oktober 2019, der sich mit den langfristigen Perspektiven der Rentenversicherung beschäftigt, kann hier als PDF heruntergeladen werden.