
Ja Leute, das hört sich erstmal völlig verrückt an. Wie kann etwas, was in der Verfassung steht, verfassungswidrig sein? Nun, wenn man sich die beiden Grundgesetz-Artikel anschaut, die sich auf die Schuldenbremse beziehen, dann kommen – mir zumindest – erhebliche Zweifel, ob das überhaupt in der gegenwärtigen Form in ein Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland gehört.
In Artikel 109 unserer Verfassung heißt es: „Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.“ Und in dem besagten Artikel 115 GG heißt es: „Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten.“
Mit anderen Worten: Die Nettoneuverschuldung des Bundes darf nur einem Bruchteil der jährlichen Leistung unserer Wirtschaft entsprechen. Starre Regel: 0,35 Prozent – was immer auch um uns herum geschieht.
Das wirft Fragen auf. Wer hat da 0,35 Prozent Nettoneuverschuldung bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in die Verfassung reingeschrieben? Warum nicht 0,2 Prozent? Oder 0,95 Prozent? Völlig willkürliche Zahlen, aus dem Augenblick geboren, der wirtschaftlichen Situation oder den damals gerade herrschenden politischen Mehrheiten geschuldet – gerne ja. Aber es bleiben Zahlen, die nicht in ein Grundgesetz gehören.
Ich bin kein Jurist und erst recht kein Staatsrechtler. Aber warum darf ein Parlament so eine willkürlich gewählte Zahl in eine Verfassung hineinschreiben? Eine Verfassung, die den Bestand der Bundesrepublik Deutschland auf ewig garantieren soll! Ich glaube, in unser Grundgesetz gehören keine willkürlich ausgesuchten Zahlen oder Prozentsätze. Die in Artikel 109 und 115 genannten Regeln zur Schuldenaufnahme des Staates sind – völlig verrückt – in sich verfassungswidrig, weil sie dort nicht hingehören.
Übrigens: Erinnert sich noch jemand an die sogenannten Maastricht- oder auch Konvergenzkriterien, die seinerzeit jedes EU-Land erfüllen musste, um Mitglied der Europäischen Währungsunion werden zu können? Richtig, da ging es um Inflation, Wechselkurse, Zinsen und – Schulden. So soll die Gesamtverschuldung eines Euro-Landes möglichst nicht mehr als 60 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) betragen, und die jährliche Nettoneuverschuldung nicht höher sein als drei Prozent des BIP. Richtig gelesen: 3,0 Prozent und nicht 0,35 Prozent – fast zehn mal so viel wie wir uns ohne Not als Fessel ins Grundgesetz schreiben! Aber wir Deutschen sind halt besonders gründlich – besonders beim Kaputtsparen von Infrastruktur und beim Anlegen von idiotischen Fußfesseln.
An einem sonnigen Herbsttag mit knallblauem Himmel sind zwei Sujets besonders dankbare Fotomodelle: Der Laubwald und die moderne Architektur. Also sind wir los zum arp museum am Bahnhof Rolandseck am Rhein, kurz hinter dem südlichsten Zipfel Nordrhein-Westfalens oder andersherum im nördlichsten Zipfel von Rheinland-Pfalz.
Wenn die elend viel befahrene Bundesstraße B 9 nicht wäre, könnte man glatt von einem idyllischen Fleckchen sprechen. Der Bahnhof Rolandseck ist für rund sieben Millionen Euro restauriert worden. Er sollte ursprünglich abgerissen und durch einen verkleinerten Neubau ersetzt werden, entwickelte sich Mitte der 1960er Jahre aber zu einem Zentrum kulturellen Lebens, in dem Künstler dort lebten, arbeiteten oder ihre Arbeiten präsentierten. Die Namen Hans Arp, Oskar Kokoschka, Bruno Goller, Günther Uecker, Gotthard Graubner, Stefan Askenase, Yehudi Menuhin, Hans Richter, Martha Argerich, Martin Walser und Marcel Marceau stehen für viele andere Künstler und Künstlerinnen. Am Hang über dem Bahnhof erhebt sich seit dem Jahr 2007 ein Neubau, der rund 24 Millionen gekostet hat und Hans Arp und seiner Frau Sophie Taeuber-Arp gewidmet ist.




