Deutschlands Überschuss wieder gestiegen

Foto: Ingo Fürchtenbusch / pixelio.de

Deutschlands Überschuss in der Leistungsbilanz ist im vergangenen Jahr wieder gestiegen und bleibt der weltweit größte. „Wir rechnen mit 293 Milliarden Dollar oder 262 Milliarden Euro, was 7,6 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung entspricht. 2018 waren es nur 7,3 Prozent“, schreibt Christian Grimme, Konjunkturexperte am ifo Institut im Ifo-Schnelldienst 2/2020. Die Europäische Union hält höchstens sechs Prozent für langfristig tragfähig.

„Die Rezession in der deutschen Industrie dürfte ein wichtiger Faktor sein, denn dadurch sind die Importe von Waren langsamer gestiegen“, sagt Grimme. Aber auch die so genannten Primäreinkommen, hinter denen vor allem die Erträge aus im Ausland angelegtem Vermögen stehen, haben 2019 weiter zugelegt. Die durch Primäreinkommen erzielten Überschüsse machen inzwischen 37 Prozent des Leistungsbilanzüberschusses aus. So werden hohe Nettoeinnahmen aus ausländischen Direktinvestitionen und Wertpapieranlagen erzielt. Dabei ist sich die Wissenschaft noch uneinig, wie rentabel die deutschen Investitionen im Ausland angelegt sind.

Deutschland dürfte also im Jahr 2019 wieder das Land mit dem größten Leistungsbilanzüberschuss gewesen sein, wie schon in den drei Jahren zuvor. Der deutsche Wert liegt weit vor Japan, das einen Überschuss von 194 Milliarden US-Dollar (3,8 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung) aufweisen dürfte. Auf Rang drei folgt China mit rund 183 Milliarden US-Dollar (1,3 Prozent). Dagegen dürften die USA weltweit wieder das größte Leistungsbilanzdefizit verzeichnen mit etwa 490 Milliarden US-Dollar, was aber nur 2,3 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung entspricht. Dahinter folgen das Vereinigte Königreich mit einem Defizit von 117 Milliarden US-Dollar (4,2 Prozent) und Brasilien mit 51 Milliarden US-Dollar (2,9 Prozent).

„Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat seine Spuren im internationalen Handel hinterlassen. Die Auswirkungen auf die Leistungsbilanzsalden fallen aber bisher insgesamt noch eher gering aus“, schreibt Ifo-Forscher Christian Grimme, wohl auch, weil die Handelszölle sowohl die Ausfuhr- als auch die Einfuhrseite belasten. Handelsverschiebungen infolge des Konflikts seien großflächig noch nicht zu beobachten, da Firmen Zeit brauchten, sich auf das neue handelspolitische Umfeld und die damit verbundenen Unsicherheiten einzustellen.

Für das laufende Jahr sehen die Aussichten für den internationalen Handel nicht rosig aus, glaubt Ifo-Forscher Grimme. Zwar wurde Anfang dieses Jahres ein erstes Handelsabkommen zwischen den USA und China abgeschlossen, allerdings wird ein Großteil der Zölle weiter in Kraft bleiben. Auch bleibt weiter ungewiss, ob es zu US-Zöllen auf europäische Kraftfahrzeuge und andere Güter kommen wird.

Zum Schluss geht Ifo-Forscher Christian Grimme auf die bilateralen Leistungsbilanzsalden ein, die besonders die US-Regierung gerne ins Feld führt, um über die Ungerechtigkeit der Welt zu lamentieren. Genau diesen Disput will Grimme nämlich nicht weiter befeuern. „Die vorliegende Studie beschäftigt sich bewusst nicht mit bilateralen Salden, da aktuelle Forschungsarbeiten Zweifel daran aufkommen lassen, wie verlässlich die außenwirtschaftlichen Datengrundlagen sind.“

So zeige eine Studie mit dem Titel „What do we really know about the Transatlantic Current Account?“  von Ifo-Forscher Martin Braml und Gabriel Felbermayr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft, dass für jedes Jahr der gesamten letzten Dekade unklar ist, ob die EU einen bilateralen Leistungsbilanzüberschuss oder ein -defizit gegenüber den USA aufweist. Beim bilateralen Leistungsbilanzsaldo liegen europäische und amerikanische Statistiken um bis zu 180 Milliarden US-Dollar auseinander. Auch die EU weist für 2018 laut dem EU-Statistikamt Eurostat in Luxemburg einen Handelsüberschuss mit sich selbst in Höhe von 307 Millirden Euro oder knapp zwei Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung aus – eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

 

Zölle – die Denkfehler des Herrn Trump

Foto: Bernd Sterzl / pixelio.de

Zwei Jahre lang schwelte der Handelsstreit zwischen China und den USA. Jetzt haben sich beide Länder auf ein Teilabkommen geeinigt. Sie wollen vorläufig keine neuen Strafzölle mehr einführen. US-Präsident Trump rühmt sich, mit seiner harten Haltung gegenüber China werde er die US-Industrie wiederbeleben. Er begeht dabei einen Denkfehler, zeigt eine neue Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Mit dem neuen Teilabkommen verbinden die USA große Hoffnungen: China soll wieder mehr in den USA einkaufen und so dazu beitragen, dass die US-Industrie eine Renaissance erlebt. Allerdings ist diese Hoffnung trügerisch: Zwar konnten die USA in den Monaten Januar bis November des vergangenen Jahres ihr Handelsbilanzdefizit gegenüber China um rund 62 Milliarden US-Dollar gegenüber dem Vorjahreszeitraum reduzieren. China hat also deutlich weniger Waren in die USA geliefert als noch im Vorjahr. Allerdings wurden diese Waren nicht zwangsläufig von der heimischen Produktion ersetzt, zeigt die neue IW-Studie. In dem gleichen Zeitraum haben die USA netto nämlich deutlich mehr aus der EU, Mexiko, Kanada, Vietnam, Taiwan und der Schweiz importiert. Insgesamt übersteigt die Zunahme des Defizits gegenüber diesen Ländern sogar den Rückgang des Defizits gegenüber China.

Der Grund dafür: Wird in einer globalisierten Welt der Handel mit einem Partner unterdrückt, kommt es zu Ausweichreaktionen. Ein Beispiel: Fernseher, Smartphones und Computer gehören zu den wichtigsten Gütern, die die USA aus China importieren. Erheben die Amerikaner nun Strafzölle auf diese Güter, lohnt sich der Import weniger. Gleichzeitig lohnt es sich aber auch nicht unbedingt, diese Waren in den USA zu produzieren – zumindest, solange es noch Länder gibt, in denen sie deutlich günstiger produziert werden können. In der Folge importieren die USA mehr Waren aus Ländern wie Taiwan oder Hongkong.

IW-Mitarbeiterin Galina Kolev (Foto: IW)

Trotzdem brüstet sich Trump damit, dass sein protektionistischer Kurs erfolgreich war – schließlich ist das Handelsbilanzdefizit gegenüber China um fast 62 Milliarden geschrumpft und die gesamtwirtschaftliche Handelsbilanz hat sich laut Handelsstatistik insgesamt verbessert. Das hatte allerdings wenig mit Handelsbarrieren zu tun, sagt IW-Ökonomin Galina Kolev: So war zum einen der Ölpreis im vergangenen Jahr sehr niedrig. Zum anderen haben die USA weniger Rohöl importiert. „Rechnet man den Handel mit den OPEC-Staaten heraus, ist das US-Handelsbilanzdefizit nicht gesunken, sondern gestiegen“, sagt sie. „Es ist ein Trugschluss, dass Zölle gegenüber einzelnen Ländern in der Lage sind, die heimische Produktion spürbar anzukurbeln.“

Hier gibt’s die Studie: 

 

 

 

Ein Zollkrieg kennt nur Verlierer

Foto: Ingo Fürchtenbusch / pixelio.de

Ein ausgeweiteter Zollkrieg würde sowohl China als auch den USA erheblich schaden. Chinas Exporte in die USA könnten um 171,3 Milliarden Euro zurückgehen, die US-Exporte nach China um 51 Milliarden Euro, wenn beide Seiten Zölle von 25 Prozent auf alle Waren erheben würden. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Münchener Ifo-Instituts.

 

Die Ifo-Forscher Gabriel Felbermayr und Marina Steininger schreiben, „China würde in absoluten und relativen Zahlen viel mehr verlieren als die USA“. Zölle von 25 Prozent auf den Warenwert würden die US-Wirtschaftsleistung um 9,5 Milliarden Euro senken, die chinesische sogar um 30,4 Milliarden Euro.

Ein derartiger Handelskrieg würde die Wertschöpfung in der US-Industrie um 0,6 Prozent steigern, in der Landwirtschaft jedoch um 1,22 Prozent senken. In China würde die Wertschöpfung der Industrie um 0,8 Prozent sinken. Obwohl US-Präsident Donald Trump dann einen Erfolg beanspruchen könnte beim Schließen der Handelslücke mit China, würde das Defizit mit Europa größer und könnte transatlantische Spannungen zur Folge haben, schreibt das Ifo-Institut. Auch im Handel mit der EU sieht Trump die USA benachteiligt und droht deswegen mit Sonderzöllen auf Autoimporte.

Zuletzt hat es allerdings Fortschritte bei den Verhandlungen gegeben, und Donald Trump hat auch die Möglichkeit einer Verlängerung der Verhandlungen angedeutet, die eigentlich zum 1. März beendet sein sollten. Trump stört sich am hohen US-Defizit im Warenaustausch mit China und wirft der Volksrepublik unfaire Handelspraktiken vor. Ohne Einigung droht Trump mit einer weiteren Verschärfung der Importabgaben.

Bereits die derzeitigen US-Strafzölle und chinesischen Gegenzölle senken laut den Ifo-Forschern die US-Exporte nach China um 37,1 Milliarden Euro und die US-Wirtschaftsleistung um 2,6 Milliarden Euro. Chinesische Exporte in die USA würden sogar um 52,1 Milliarden Euro sinken, was das Land 5,7 Milliarden Euro seiner Wirtschaftsleistung koste. Europa hingegen könnte seine Wirtschaftsleistung um 345 Millionen Euro steigern. „Die gegenwärtigen Zölle und Gegenzölle verbessern die US-Handelsbilanz mit China leicht“, erläutern Felbermayr und Steininger. „Wenn das Ziel Trumps ist, die Handelspolitik zu benutzen, um den wirtschaftlichen Abstand zu China zu vergrößern, könnte der Zollkrieg helfen. Aber wie in jedem Krieg ist eine solche Strategie begleitet von hohen Kosten. Denn die US-Handelsbilanz mit Europa würde sich verschlechtern.“ Wer die Studie mit dem Titel „Trump’s trade attack on China – who laughs last?“ lesen möchte, findet sie hier, allerdings auf englisch.