IW: Zahl der prekären Jobs gesunken

Blauhelme (Foto: Rolf Wenkel)

Deutsche Unternehmen stehen im Verdacht, durch mehr Befristungen, Zeitarbeit oder Werkverträge ihre Kernbelegschaften abzubauen. Eine neue Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln stellt diese These in Frage. Sie sagt, das Gegenteil sei der Fall: Zwischen 2012 und 2017 sei die Zahl der flexiblen Arbeitsverhältnisse sogar gesunken, obwohl immer mehr Menschen einen Job haben.

Befristungen gehören zu den sogenannten atypischen Erwerbsformen. Dazu zählen auch Zeitarbeits- und Werkverträge, die genau wie befristete Verträge immer wieder in der Kritik stehen. Das IW hält den Ärger über die flexiblen Modelle unbegründet: Nur rund neun Prozent der Betriebe haben die atypische Beschäftigung erhöht, ohne auch die unbefristeten Stellen auszuweiten. Dafür haben knapp 36 Prozent der Unternehmen mehr normale und keine weiteren flexiblen Verträge abgeschlossen.

Die Zahlen stammen aus dem so genannten IAB-Betriebspanel. Das ist eine jährliche Wiederholungsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei stets denselben Betrieben in Deutschland. Das Panel startete zuerst im Jahr 1993 in Westdeutschland und wurde 1996 auch auf die neuen Bundesländer ausgeweitet. Befragt werden Betriebe in allen Branchen und aller Größen mit mindestens einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Das IAB sitzt in Nürnberg und ist die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit.

Die Zahlen dieses Panels ergeben ein eindeutiges Bild: Zwischen 2012 und 2017 haben rund 42 Prozent aller deutschen Betriebe mehr unbefristete Arbeitnehmer eingestellt. Dagegen haben nur elf Prozent die befristete Beschäftigung ausgeweitet. Die weit verbreitete Überzeugung, dass unbefristete Arbeitnehmer nach und nach durch befristete ausgetauscht werden, ist also nicht erkennbar. Der Trend geht sogar in die entgegengesetzte Richtung, wie ein Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt: Im gleichen Zeitraum sank die Anzahl befristeter Beschäftigungen von 2,64 auf 2,55 Millionen.

Holger Schäfer, Autor der IW-Studie, glaubt auch nicht, dass Unternehmen aus Kostengründen flexible Arbeitsverhältnisse bevorzugen. „Vielmehr geht es den Arbeitgebern um Unsicherheit: Die Auswertung hat ergeben, dass Betriebe gerade dann mehr Befristungen eingehen, wenn die wirtschaftliche Zukunft sehr ungewiss ist.“ Die wirtschaftliche Entwicklung sei bis 2017 sehr stabil verlaufen. Deswegen hätten sie in dieser Zeit auch mehr unbefristete Mitarbeiter gesucht. „Dass Betriebe ihre Mitarbeiter willkürlich befristen, ist ein Mythos“, sagt Schäfer. „Vielmehr gibt es dafür gute Gründe, etwa wirtschaftliche Unsicherheit.“ Eine stärkere Regulierung, wie es die Bundesregierung derzeit bei Befristungen plant, würde den Betrieben und dadurch auch den Arbeitnehmern eher schaden, sagt Schäfer.

Die ganze Studie kann man hier nachlesen.

 

Konjunkturdelle ist kein Weltuntergang

Blauhelme (Foto: Rolf Wenkel)

Forschungsinstitute und Wirtschaftsministerium senken ihre Wachstumsprognosen – halten das aber nur für eine vorübergehende Wachstumsschwäche. Vor allem die Auftriebskräfte im Inland seien intakt, heißt es – was man von der Weltwirtschaft zur Zeit nicht behaupten kann. „Die Konjunktur in Deutschland kühlt sich ab, aber das ist kein Weltuntergang“, sagt zum Beispiel DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

 

Mit dem Info-Institut hat erneut ein wichtiges Forschungsinstitut seine Prognose für das deutsche Wirtschaftswachstum kräftig gesenkt. Die Ifo-Experten halbierten ihre Wachstumsprognose nahezu und rechnen für das laufende Jahr nur noch mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,6 Prozent, wie das Institut am Donnerstag mitteilte. Zuvor waren die Forscher noch von einem Wachstum von 1,1 Prozent ausgegangen.

Wie bereits im vergangenen Jahr geht die Konjunkturschwäche von der Industrie aus. „Die Industrie wird 2019 als Konjunkturmotor weitgehend ausfallen“, sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser. Die weltweite Nachfrage nach deutschen Produkten sei schwach, da die internationale Konjunktur weiter an Dynamik verliere. „Aber die binnenwirtschaftlichen Antriebskräfte sind weiterhin intakt“, versicherte Ifo-Experte Wollmershäuser.

In der vergangenen Woche hatte bereits die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ihre Prognose für das deutsche Wachstum 2019 von 1,6 auf 0,7 Prozent reduziert – das wäre nur halb so viel wie im vergangenen Jahr. Neben anderen deutschen Forschungsinstituten senkte auch die Bundesregierung ihre Prognose deutlich. „Die deutsche Wirtschaft ist verhalten in das Jahr 2019 gestartet“, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht. Die Entwicklung sei aufgrund höherer Risiken und Unwägbarkeiten im außenwirtschaftlichen Umfeld in „unruhigeres Fahrwasser“ geraten.

Das Ministerium erwartet, dass sich die Schwächephase in der Industrie angesichts einer schleppenden Auslandsnachfrage fortsetzen wird. In den übrigen Wirtschaftsbereichen, insbesondere in den meisten Dienstleistungsbereichen, dürfte sich das Wachstum hingegen fortsetzen. „Das Bruttoinlandsprodukt dürfte daher im ersten Quartal allenfalls moderat zunehmen“, so das Fazit des Ministeriums. Continue reading „Konjunkturdelle ist kein Weltuntergang“