Bestimmt hat sich jeder schon mal gefragt, warum CO2-Emissionen in Kilogramm und Tonnen gemessen werden – mit der Waage jedenfalls nicht. Aber man kennt die Ausgangsgrößen und weiß, dass Masse nicht verschwindet. Das heißt: Wenn man ein Stück Holz verbrennt, hat man als Ausgangsmaterialien die Masse vom Holz und die Masse des Sauerstoffs. Das zusammen entspricht am Ende der Summe aus der Masse der Verbrennungs- Rückstände Asche und der Abgase, darunter unser CO2. Masse ist also immer da und die Wissenschaftler wissen auch, was ein Atom eines Stoffes wiegt. Der Rest ist ein bisschen Rechnerei.
In der Naturwissenschaft verwendet man Mol als Mengenangabe. Hinter Mol steckt eine Anzahl von Atomen eines Stoffes und jedes Atom hat eben ein Gewicht. Ein Mol Kohlenstoff wiegt zwölf Gramm, dazu kommt bei der Verbrennung zweimal Sauerstoff (es heißt ja CO2), das wären zwei mal 16 Gramm. Mit anderen Worten: Wer zwölf Gramm Kohlenstoff verbrennt, produziert 44 Gramm CO2. Da wir auch die chemische Zusammensetzung von Erdgas, Schweröl, Benzin oder Diesel kennen, lässt sich ganz leicht ausrechnen, welche Mengen CO2 bei der Verbrennung jeweils freiwerden.
Da liegt es nahe, aus dem Konsumverhalten der Menschen auf ihre Treibhausgasemissionen zu schließen – und genau das haben die Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) gemacht. Ergebnis: Jeder in Deutschland lebende Mensch verursacht mit 6,5 Tonnen im Schnitt jährlich mehr als doppelt so viel Treibhausgasemissionen, wie nach Berechnungen von Klimaexperten mit bis zu drei Tonnen als klimaverträglich eingestuft wird. Menschen aus den einkommensstärksten Haushalten haben dabei mit mehr als zehn Tonnen durchschnittlich einen doppelt so großen CO2-Fußabdruck wie Menschen aus Niedrigeinkommenshaushalten (5,6 Tonnen pro Kopf).
Der größte Treiber des Unterschieds sind Flugreisen. Das sind die Hauptergebnisse einer aktuellen Studie des DIW. Die DIW- Forscherinnen Sandra Bohmann und Merve Kücük haben dafür auf Basis von Vorabdaten aus dem Sozio-Ökonomischen Panel (SOEP) aus dem Jahr 2023 nicht nur den CO2-Fußabdruck pro Kopf in Deutschland in den Bereichen Wohnen, Ernährung und Mobilität berechnet, sondern auch die Verteilung der Emissionen nach dem Einkommen der Haushalte betrachtet.
Ob arm oder reich: Unser CO2-Fußabdruck ist auf jeden Fall zu groß. Die Höhe des Haushaltseinkommens spielt für die Emissionen im Bereich Ernährung oder Wohnen kaum eine Rolle – beim Mobilitätsverhalten dagegen schon“, fasst Studienautorin Merve Kücük aus der Abteilung Klimapolitik des DIW Berlin die Ergebnisse zusammen. In der Regel verursachen Menschen mit hohen Haushaltseinkommen beim Wohnen sogar etwas weniger Emissionen als Menschen mit niedrigen Einkommen, weil sie beispielsweise häufiger in energieeffizienteren Gebäuden leben.
Während das Mobilitätsverhalten mit durchschnittlich zwei Tonnen Kohlendioxid pro Kopf zu Buche schlägt, fallen für das Wohnen, also Strom, Heizen und Warmwasser, rund 2,9 Tonnen CO2 jährlich an. Die Anzahl der Personen im Haushalt macht dabei einen großen Unterschied: Während ein Vierpersonenhaushalt pro Kopf nur 1,7 Tonnen CO2 verursacht, sind es in einem Einpersonenhaushalt mehr als vier Tonnen. Auch die Wohnfläche macht einen Unterschied. Jeder Quadratmeter Wohnfläche, der pro Person mehr zur Verfügung steht, bedeutet 22 Kilogramm mehr Emissionen pro Kopf.
Bei der Ernährung ist vor allem der Fleischkonsum entscheidend. Wer kein Fleisch isst, verursacht in diesem Bereich nur 1,2 Tonnen pro Kopf und Jahr an Treibhausgasemissionen, während es bei mäßigem bis hohem Fleischkonsum zwischen 1,6 und 2,1 Tonnen sind. Weder beim Wohnen noch bei der Ernährung lassen sich Unterschiede bei den durchschnittlichen Emissionen nach dem Einkommen beobachten.
Anders sieht es bei der Mobilität aus. „Insbesondere das Fliegen vergrößert den CO2-Fußabdruck und ist einer der Hauptgründe, warum Menschen aus Haushalten mit höheren Einkommen einen doppelt so großen Fußabdruck haben wie diejenigen mit niedrigem Einkommen“, fasst SOEP-Studienautorin Sandra Bohmann zusammen. „Eine einzige Langstreckenflugreise führt zu mehr Emissionen pro Kopf als Wohnen und Ernährung in einem ganzen Jahr zusammen.“
Das Bestreben, nachhaltiger zu konsumieren, birgt aber auch Fallstricke, so das Ergebnis der zweiten Studie. Einkommensschwache Haushalte können sich umweltfreundlichen Konsum oft nicht leisten. Das Gefühl von Einkommensungleichheit wird durch das Bedürfnis nach nachhaltigen, aber teureren Produkten verstärkt. Der Staat steht also vor einem Dilemma: Er will einerseits klimagerechtes Verhalten fördern, andererseits damit verbundene größere Unterschiede zwischen armen und reichen Haushalten aber abmildern.