EZB ist nicht machtlos

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Die Europäische Zentralbank hat eigentlich nur eine Aufgabe: Die Inflation in Euroland möglichst nicht über zwei Prozent pro Jahr steigen zu lassen. Dieses Ziel verfehlt sie momentan recht deutlich, unter anderem, weil der Schlächter im Kreml eine Preisexplosion bei fossilen Energieträgern ausgelöst hat. Gegen steigende Energiepreise aber ist die EZB machtlos. Oder doch nicht?

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung DIW in Berlin hat in einer Studie untersucht, ob Europäische Zentralbank generell etwas gegen steigende Energiepreise im Euroraum ausrichten kann oder nicht. Ergebnis: Leitzinserhöhungen dämpfen Energiepreise über verschiedene Kanäle – über Bande sozusagen. Allerdings verursachen sie auch wirtschaftliche Kosten, schreibt das DIW. Die Zinspolitik der EZB seit Sommer 2022 halten die Berliner Forscher dennoch für richtig.

Ausnahmsweise  muss ich micht mal selbst zitieren. Anfang Januar habe ich in einem Post über Inflationserwartungen geschrieben: „Momentan haben wir es (…) mit einer Inflation zu tun, die von gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten, gestörten Lieferketten und einer Verknappung des Angebots in vielen Branchen und auf vielen Märkten befeuert wird – nicht zu vergessen von einem machtbesessenen Psychopathen in Moskau. Eine solche Inflation mit hohen Leitzinsen zu bekämpfen, gehört zwar zum Standardprogramm der Notenbanker, beseitigt aber nicht unbedingt ihre spezifischen Ursachen. Man kann sich dagegen durchaus fragen, ob die Notenbanker mit global steigenden Leitzinsen nicht auch eine weltweite Rezession in Kauf nehmen. Lieferketten, Fachkräftemangel und Abhängigkeiten von fossilen Energieträgern heilen sie damit jedenfalls nicht.“

Landläufig wurde angenommen, dass die EZB dagegen wenig ausrichten kann – „auch die EZB selbst ging davon noch im Februar 2022 aus“, schreibt das DIW. Eine aktuelle Studie der Berliner Forscher zeigt jedoch, dass die EZB mit Blick auf die Energiepreise offenbar alles andere als machtlos ist: Erhöht sie den Leitzins, fallen die Energiepreise. Dabei spielen drei Effekte eine Rolle, die sich gegenseitig beeinflussen, wie die DIW-Studie zeigt. Wichtig sind in dem Zusammenhang der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar und der Ölpreis. „Unter dem Strich wird klar, dass die EZB die Energiepreise mit Leitzinserhöhungen tatsächlich dämpfen kann“, sagt Alexander Kriwoluzky, Leiter der Abteilung Makroökonomie im DIW Berlin.

DIW Berlin Grafik: DIW Berlin

Die Forscher haben nach eigenen Angaben die strukturellen Effekte von Zinserhöhungen der EZB im Euroraum für den Zeitraum 1999 bis 2020 abgeschätzt. Infolge einer Zinserhöhung sinkt demnach die gesamtwirtschaftliche Nachfrage: Unternehmen investieren weniger, private Haushalte halten sich beim Konsum zurück. Während die Verbraucherpreise daher um etwas weniger als 0,1 Prozent sinken, fallen die Energiepreise sogar um mehr als das Fünffache.

Die Autoren konnten im Zuge ihrer Modellrechnungen drei Effekte identifizieren, durch die dieses Ergebnis zustande kommt und die deutlich machen, dass die Energiepreise nach Leitzinserhöhungen der EZB tatsächlich fallen. Neben dem Nachfrageeffekt, der den in Dollar gehandelten Ölpreis auf dem Weltmarkt infolge einer geringeren Energienachfrage senkt, spielen zwei Preiseffekte des Wechselkurses von Euro zu US-Dollar eine Rolle: Da im Zuge einer Zinserhöhung der EZB der Euro gegenüber dem US-Dollar aufwertet, verbilligen sich die Ölimporte im Euroraum. Da der günstigere Ölpreis in Euro dann aber wiederum die Nachfrage befeuert, steigt die Ölnachfrage auf dem Weltmarkt und damit der globale Ölpreis in US-Dollar. Dieser globale Preiseffekt ist stärker als der lokale Preiseffekt im Euroraum, sodass der stärkere Euro letztlich für einen höheren Ölpreis sorgt.

Zusammengenommen ist der Preiseffekt des Wechselkurses mit seinem steigenden Ölpreis aber schwächer als der Nachfrageeffekt mit seinem sinkenden Ölpreis, sodass die Energiepreise unter dem Strich fallen. Dieser Analyse zufolge hat die EZB also richtig gehandelt, indem sie seit Sommer 2022 sukzessive den Leitzins erhöht hat. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass eine Zinserhöhung für sich genommen die Wirtschaftsleistung senkt und die Arbeitslosigkeit erhöht. „Die Geldpolitik der EZB verursacht also auch wirtschaftliche Kosten“, so Kriwoluzky. „In Zeiten mit hohen Inflationsraten ist es jedoch wichtig, die Inflationserwartungen im Blick zu haben und einzufangen, damit die Inflation mittelfristig nicht aus dem Ruder läuft. Diesbezüglich ist die EZB auf einem guten Weg.“

Das mag wohl sein. Es mag auch sein, dass steigende Leitzinsen indirekt preissenkende Effekte auf die Energiepreise haben. Für mich bleibt es aber dabei: Gestörte Lieferketten, Fachkräftemangel und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern kann keine Zentralbank heilen, das müssen die Märkte schon selbst lösen.

Wirtschaftsfaktor Karneval

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Gastronomie, Einzelhandel & Co. erwirtschaften an Karneval mindestens 1,65 Milliarden Euro. Das will das unternehmernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln herausgefunden haben. Andere Schätzungen kommen sogar auf 2,75 Milliarden.

Die Karnevalstage scheinen in den Hochburgen des organisierten Frohsinns regelrechte Völkerwanderungen auszulösen. In den Niederlanden zum Besispiel findet man an diesen ach so tollen Tagen kaum ein freies Gästezimmer. Denn die sind nahezu restlos ausgebucht – durch Karnevalsflüchtlinge aus Köln. Umgekehrt scheint es Feierwütige aus der ganzen Republik in diesen Tagen in die einschlägigen Karnevalshochburgen zu ziehen. Übernachtungen am Karnevalswochenende sind zum Beispiel in Köln anderthalbmal so teuer wie gewöhnlich, weiß das IW.

Unzählige Hoteliers, Bar- und Restaurantbesitzer sowie Veranstalter verbuchen zur Karnevalszeit Rekordumsätze. Doch Karneval, Fasching und Co. sind auch für ganz Deutschland von hoher Bedeutung. Nach drei entbehrungsreichen Jahren ist die Session 2022/23 die erste, in der ohne Einschränkungen gefeiert werden kann. Nach IW-Berechnungen dürfte sich in ganz Deutschland über die gesamte Session – also vom 11. November 2022 bis Aschermittwoch – ein Umsatz von mindestens 1,65 Milliarden Euro ergeben. Optimistische Schätzungen gehen sogar von bis zu 2,75 Milliarden aus.

Dabei entfällt der größte Posten auf die Gastronomie: Hier rechnen die IW-Wissenschaftler mit einem Umsatz von 796 Millionen Euro. Der Einzelhandel, vor allem der Kostümverkauf, erwirtschaftet 385 Millionen Euro. Für Transporte, also vor allem das Taxigewerbe, kalkulieren die Wissenschaftler knapp 287 Millionen Euro, Hotels erwirtschaften rund 187 Millionen.

Wer von außerhalb anreist und noch Übernachtungen in einer der Karnevalshochburgen sucht, kommt in Düsseldorf am günstigsten davon, zeigen IW-Berechnungen. Hier kosten zwei Übernachtungen – wären sie am 14. Februar gebucht worden – im Doppelzimmer von Karnevalssamstag bis Rosenmontag im Schnitt 190 Euro, das ist sogar günstiger als im vergleichsweise ereignislosen Vergleichszeitraum zwei Wochen später (200 Euro).

Mainzer Hoteliers veranschlagen im Schnitt über das Karnevalswochenende 197 Euro (zwei Wochen später: 186 Euro). In Kölner Hotels müssen Karnevalsfans dagegen besonders tief in die Tasche greifen: Hier kosten zwei Übernachtungen im Doppelzimmer von Samstag bis Montag im Schnitt 376 Euro, deutlich mehr als im Vergleichszeitraum (234 Euro).