Bayer kauft Monsanto für 66 Milliarden Dollar, einen der bestgehassten Konzerne der Welt – und die biederen Leverkusener Chemiker bilden sich ganz offensichtlich ein, nichts von diesem Ruf werde auf sie abfärben. Was Umweltschützer von Monsanto halten, ist gelegentlich auf Demonstrationen zu besichtigen, in über 40 Ländern, darunter in Mexiko, Argentinien, Kanada, den USA, den Niederlanden, Kroatien, der Schweiz und China. Die Demonstranten drücken ihren Unmut mit Bannern, Schildern und Aufrufen gegen das Herbizid „RoundUp“ aus, dessen Wirkstoff Glyphosat unter Verdacht steht, Krebs zu erzeugen.
Noch berühmter ist der US-Konzern allerdings für seinen rüden Umgang mit Landwirten, die sich nicht an die von Monsanto gesetzten Spielregeln in Sachen Saatgut halten. Der Konzern pfuscht wie kein anderer in den Genen von Nutzpflanzen herum, lässt sich von seiner PR-Abteilung dafür als Held im Kampf gegen den Hunger in der Welt feiern, während er tatsächlich Landwirte gnadenlos mit Patentklagen überzieht, wenn diese sich erdreisten, einen Teil der Ernte als Saatgut aufzubewahren, anstatt erneut bei Monsanto zu kaufen.
Kurz: Monsanto ist brutal stark im Geschäft mit Saatgut, hat aber in der Agrochemie wenig vorzuweisen außer Glyphosat, dessen Patentschutz allerdings längst abgelaufen ist. Bayer ist stark in der Agrochemie und schwach dort, wo Monsanto stark ist: beim Saatgut und in Amerika. Kein Wunder, dass Bayer freudig flötet, der Erwerb von Monsanto würde „eine zwingende Gelegenheit darstellen, um eine Führungsposition in der globalen Landwirtschaft zu schaffen, während sich Bayer als Life-Science-Unternehmen langfristig in einer Wachstumsbranche festigt. Bayer will durch die Übernahme von Monsanto ein weltweit führendes Unternehmen der Agrarwirtschaft werden.“
Leute – wenn ich Bayer-Aktien hätte, ich würde sie sofort verkaufen. Denn mindestens drei Gründe sprechen dafür, dass dieses Vorhaben gründlich in die Hose gehen wird. Erstens unterschätzen die Leverkusener bei weitem das hundsmiserable Image, das der US-Konzern vor sich herträgt.
Zweitens läuft Bayer Gefahr, sich finanziell schwer zu verheben. Ein Viertel der avisierten Kaufsumme will der Konzern selbst aufbringen. Woraus man messerscharf schließen kann, dass den Aktionären eine saftige Kapitalerhöhung droht, um sich neues Kapital zu verschaffen. Für die restliche Finanzierung des Mammut-Deals sollen Banken aufkommen. Eine Fremdfinanzierung von 75 Prozent bedeutet also, dass die Leverkusener für den Erwerb von Monsanto gewaltige Schulden aufnehmen müssen. Dies wiederum wird die Ratingagenturen auf den Plan rufen, die vermutlich die Bonität des Leverkusener Konzerns herabstufen werden – was wiederum die Kosten der Fremdfinanzierung in die Höhe treiben wird. Mit anderen Worten: Der Deal ist viel zu teuer.
Der dritte Grund für ein mögliches Scheitern dieser Ehe ist das Gesetz der Serie. Denn viele Fusionsvorhaben scheitern an der Politik, an der grundsätzlich verschiedenen Mentalität der Beteiligten, an ausbleibenden Synergie-Effekten oder an exorbitant hohen Kosten für den Konzernumbau. Man braucht in Deutschland in solchen Fällen nur an Daimler und Chrysler zu erinnern, um Aktionäre zu warnen.
P.S.: Hier noch eine Meldung von dpa:
„Berlin (dpa) – Umweltschützer befürchten von der Monsanto-Übernahme
durch Bayer negative Folgen für Natur und Kleinbauern. «Die Übernahme
von Monsanto durch Bayer wird die weltweite Abhängigkeit der
Landwirte von multinationalen Konzernen verstärken, den Einsatz von
gentechnisch verändertem Saatgut und gefährlichen Chemikalien
befördern und der Ausbreitung umweltschädlicher Monokulturen Vorschub
leisten», erklärte der WWF am Mittwochabend.
«Verlierer werden die Kleinbauern und die Umwelt sein.» Wenn
Bundesregierung und EU wirklich eine nachhaltige und
ressourcenschonende Landwirtschaft wollen, müssten sie diesen Deal
stoppen, forderte der WWF. Nun gelte es, kartellrechtliche Fragen
intensiv zu prüfen und gegenzusteuern.
Ähnlich äußerten sich weitere Umweltschützer und Hilfsorganisationen.
Der Zusammenschluss von Monsanto und Bayer zur globalen Nummer 1 im
Saatgut- und Agrarchemiegeschäft, sei eine «schlechte Nachricht für
Bauern und Bäuerinnen weltweit», hieß es in einer Erklärung von
Misereor, Fian Deutschland, dem Inkota-Netzwerk und Brot für die
Welt. «Von Privatisierung, Deregulierung und Liberalisierung haben in
den letzten Jahrzehnten jedoch nur die großen Akteure des weltweiten
Agribusiness profitiert.» Mit der Fusion rolle nun eine weitere
Markt- und Machtkonzentrationswelle. Die Organisationen forderten die
Kartellbehörden auf, «die Hochzeit der beiden Giganten zu
verhindern». Die «großen sechs» – Monsanto, Syngenta, Bayer, DuPont,
Dow und BASF – kontrollierten schon heute 75 Prozent des globalen
Agrarchemiemarktes und über 60 Prozent des Saatgutmarktes.“
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