EZB: Euro-Banken leiden immer noch

Andrea Enria (Foto: Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main)

Die Banken in der Eurozone sitzen als Folge der globalen Finanzkrise des Jahres 2008 immer noch auf faulen Krediten in Höhe von rund 580 Milliarden Euro. „Der Anteil der faulen Kredite am Gesamtvolumen ist im Euroraum immer noch deutlich höher als beispielsweise in den USA oder Japan“, sagte der Chef der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), Andrea Enria, in einem Interview, das die EZB am Mittwoch (28.08.19) auf ihrer Webseite veröffentlicht hat. Die meisten dieser notleidenden Kredite seien bei Instituten in Italien, Griechenland, Zypern und Portugal zu finden, sagte Enria weiter.

Die Banken der Vereinigten Staaten hätten die Finanzkrise weitaus besser und schneller verarbeitet als der europäische Bankensektor, sagt Enria. So hätten US-Banken schon vier Jahre nach der Lehman-Pleite ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht, während europäische Banken auch nach zehn Jahren noch nicht ihr Vorkrisenniveau erlangt hätten.

Im Zuge des Brexits werden Geldhäuser nach Einschätzung der EZB-Bankenaufsicht in erheblichem Umfang Geschäfte in den Euroraum umschichten. „Am Ende des Prozesses werden wir Vermögenswerte in Höhe von etwa rund 1300 Milliarden Euro haben, die von London in den Euroraum verlagert werden“, sagt Enria. 24 Banken werden nach seinen Angaben umziehen. sieben davon werden unter direkter Aufsicht der EZB stehen, die 17 anderen fallen unter die jeweilige nationale Aufsicht ihrer künftigen Standorte. Die EZB mit Sitz in Frankfurt überwacht seit 2014 die größten Geldinstitute im Euroraum direkt. Derzeit sind es 114 Banken und Bankengruppen.

Der angestrebte britische EU-Austritt zwingt Banken am Finanzplatz London, sich zumindest teilweise umzuorientieren. Denn sobald Großbritannien aus der Europäischen Union ausgeschieden ist, dürfen Banken nicht mehr wie bisher von London aus Finanzgeschäfte in der EU betreiben. Für Dienstleistungen wie Einlagen- und Kreditgeschäfte benötigen die Institute rechtlich selbstständige Einheiten in einem EU-Staat. Sprich: Sie müssen einen Sitz in der EU und eine Lizenz in einem EU-Mitgliedsland haben, um Geschäfte auch in allen anderen EU-Staaten zu machen. Viele der betroffenen Banken zieht es deshalb nach Frankfurt.

Eigentlich wollten die Briten Ende März die EU verlassen haben, doch da es im Parlament in London keine Mehrheit für das Austrittsabkommen mit Brüssel gab, bekam Großbritannien Aufschub bis Ende Oktober. Die Banken hätten die nötigen Vorkehrungen getroffen, stellte Enria fest. „Wir haben die besten Vorbereitungen getroffen, die wir treffen konnten, die Banken haben unsere Auflagen erfüllt, und es besteht ein Notfallplan.“ Dennoch sei der Brexit ein Ereignis, „das immer mit Schocks und Turbulenzen auf den Finanzmärkten einhergehen kann“, sagte Enria. „Das bereitet uns ein wenig Kopfzerbrechen.“

Das ganze Interview in Englisch steht hier.

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