Die Goldene Ananas

Ich zitiere mal ausnahmsweise einen Wikipedia-Artikel: „Die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) ist ein Wirtschaftsverein, dem die Rechtsfähigkeit staatlich verliehen worden ist (§ 22 BGB, § 1 Abs. 4 UrhWG). Die Verwertungsgesellschaft wurde 1958 auf Betreiben des damaligen Verbandes deutscher Schriftsteller (kurz VS; damals ein eingetragener Verein) gegründet, sie verwaltet die Tantiemen aus Zweitnutzungsrechten an Sprachwerken, auch von Funk und Fernsehen, in Deutschland. Berechtigte sind Autoren, Übersetzer und Verleger von schöngeistigen und dramatischen, journalistischen und wissenschaftlichen Texten, die der Urheber der VG Wort per Meldekarte oder per Onlineverfahren angezeigt hat.“ Was da so harmlos als „Tantiemen aus Zweitnutzungsrechten“ daherkommt, addiert sich (neben Pauschalabgaben für Fotokopierer u.ä.) auf rund 100 Millionen Euro pro Jahr, die nach Abzug der Verwaltungskosten regelmäßig um die Weihnachtszeit an die rund 350.000 angemeldeten Journalisten und Autoren verteilt werden (Zahlen geschätzt, 2005 waren es rund 325.000 Autoren und 91 Millionen Euro) – ein nettes Zubrot, das man gerade vor der Weihnachtszeit gut gebrauchen kann.

In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wollten auch die Journalisten und Autoren der Deutschen Welle der VG Wort beitreten. Sie füllten für ihre Manuskripte fleißig Meldekarten aus, doch Geld gab es keines. Denn bei einem ungefähr gleich bleibenden Einnahmekuchen, den die VG Wort zu verteilen hat, wäre die Anzahl der Berechtigten um rund 350 gestiegen, der Ertrag pro Mitglied mithin schmaler ausgefallen. Deshalb haben sich seinerzeit die Juristen der VG Wort einen Trick einfallen lassen: Die Deutsche Welle ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland, ihr Programm sei überhaupt nicht für das Inland bestimmt, folglich seien sie auch nicht bezugsberechtigt für dramatische, journalistischen und wissenschaftlichen Texte, die nur für das Inland bestimmt seien. (Das Argument, dass die Deutsche Welle seinerzeit im Inland mehr Hörer hatte als der Saarländische Rundfunk an Gebührenzahlern, zählte nicht.)

Nun gut, vergessen wir das. Inzwischen habe ich doch zweimal Post von der VG Wort bekommen, in der mir mitgeteilt wurde, dass einer meiner Texte in einem Schulbuch erscheint. Die letzte Mitteilung stammt vom 23. Dezember 2010, danach erscheint offenbar dieser Text in einem Schulbuch namens „Politik und Wirtschaft 2“ für NRW. Na schön, sage ich mir, haste zum zweiten mal die goldene Ananas verdient. Denn Kohle kassiert habe ich dafür noch nie.

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