Trumps fantastische Jobmärchen

unspecifiedDer neue US-Präsident will in einer Dekade 25 Millionen neue Jobs schaffen. Das ist ambitioniert, aber machbar. Nur nicht mit den Methoden eines Donald Trump, behaupte ich.

 

Endlich kann man einmal nachlesen, was US-Präsident Donald Trump wirklich plant, um die Wirtschaft der USA anzukurbeln: Auf der offiziellen Webseite des Weißen Hauses ist seit kurzem der Aufsatz „Bringing Back Jobs And Growth“ zu lesen, jawohl, alles mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben. Darin beklagen Trumps Berater, dass seit der Finanzkrise 2008 nahezu 300 000 industrielle Arbeitsplätze verschwunden sind, sich die Staatsschulden verdoppelt haben – und dass die Mittelklasse schrumpft.

Unbenannt

 

Der neue Held der Mittelklasse will das umkehren, die Wirtschaft wieder „in die Spur bringen“, das Wachstum der Wirtschaft auf eine Jahresrate von vier Prozent hochschrauben und 25 Millionen neue Arbeitsplätze innerhalb der nächsten Dekade schaffen. Interessant ist an diesem Aufsatz nicht nur, was drinsteht, sondern auch, was nicht.

Noch im Wahlkampf hatte Trump vollmundig ein Investitionsprogramm von einer Billion Dollar, also eintausend Milliarden Dollar, vornehmlich für die Infrastruktur, angekündigt. Das hatte die Aktien- und Kapitalmärkte regelrecht elektrisiert, sie reagierten geradezu euphorisch, und viele Analysten korrigierten ihre Wachstumsprognosen nach oben. Auch der Internationale Währungsfonds IWF hat in seinem aktualisierten Weltwirtschaftsausblick die Prognosen für die USA leicht angehoben.

Indes: Auf der Webseite des Weißen Hauses ist von einem Investitionsprogramm keine Rede mehr. Trumps genialer Plan, die Wirtschaft anzukurbeln, beschränkt sich nur noch auf Steuererleichterungen und Bürokratieabbau. So will er nicht nur die Einkommens- und Körperschaftssteuer senken, sondern die Steuergesetzgebung selbst radikal vereinfachen, um die Wirtschaft zu „entfesseln“ und „Millionen neuer Jobs“ zu schaffen.

25 Millionen neue Jobs – das klingt erst einmal gigantisch – ist aber für amerikanische Verhältnisse gar nicht so außergewöhnlich. Allein in den beiden Amtszeiten von Bill Clinton sind 21 Millionen neue Jobs entstanden, und auch Barack Obama ist in ähnliche Größenordnungen vorgestoßen. Das liegt einfach daran, dass der amerikanische Arbeitsmarkt viel dynamischer ist, als man das in Europa kennt. Allein im November 2016 sind nach Angaben der privaten Arbeitsvermittlung ADP 216.000 Jobs im privaten Sektor entstanden – alle drei Stunden rund 800 Arbeitsplätze.

Politiker schauen gerne auf das Plus bei den Arbeitsplätzen, Analysten betrachten dagegen den Saldo aus neuen Jobs und Arbeitsplatzverlusten. Und für die macht Trump bekanntlich die Globalisierung, den Freihandel und für die USA nachteilige Handelsabkommen verantwortlich – sie hätten zu einem beispiellosen Exodus von Arbeitsplätzen in Billiglohnländer geführt.

Diese Argumentation ist gleich doppelt gefährlich. Denn erstens hat nicht die Globalisierung, sondern haben Rationalisierung, Automatisierung, „lean production“ die meisten Arbeitsplätze gekostet. So hat die US-Notenbank Fed ausgerechnet, dass in den vergangenen 40 Jahren die Industrieproduktion in den USA um 150 Prozent gestiegen ist, die Zahl der Jobs in der Industrie im gleichen Zeitraum jedoch um rund ein Drittel gesunken ist.

Zweitens ist diese Argumentation gefährlich, weil sie suggeriert, man könne durch Neuverhandlungen von Handelsabkommen das Rad zurückdrehen und viele ausgelagerte Jobs wieder ins eigene Land holen („bring good-paying jobs to our shores“) – und das notfalls mit Strafzöllen. Auf den ersten Blick mag das funktioniert haben, als die US-Autoindustrie scheinbar den Kotau machte, Auslandspläne stornierte und neue Arbeitsplätze in der Heimat versprach.

Doch Konzernstrategien und Investitionsentscheidungen werden nicht von heute auf morgen entwickelt und beschlossen, sie sind das Produkt in einer langen Pipeline von Entscheidungsprozessen. So haben die besagten Autokonzerne nur zum richtigen Zeitpunkt herausgestellt, was sie ohnehin in der Heimat planen und vorhaben. Das lässt sie loyal und den Präsidenten als Sieger aussehen, obwohl kein einziger zusätzlicher Job geschaffen wurde.

Gefährlich ist auch der Glaube, man könne neue Arbeitsplätze schaffen, indem man die Produkte seiner Handelspartner mit Strafzöllen belegt. Wohlgemerkt: Wenn Trump 25 Millionen neue Jobs schaffen will, braucht er eine jährliche Wachstumsrate von mindestens vier Prozent. Strafzölle jedoch werden mittelfristig das Wachstum gehörig dämpfen. Die Citi Bank schätzt diese Wachstumsbremse auf ein Prozent pro Jahr.

Ernst nehmen sollte Trump auch die Andeutungen in China, man werde notfalls einen Handelskrieg führen. Dazu werde es kommen, falls Trump, wie im Wahlkampf angekündigt, China zu einem „Währungsmanipulierer“ erkläre und bis zu 45 Prozent Strafzölle auf chinesische Güter erhebe, heißt es in einem namentlich nicht gekennzeichneten Artikel der Parteizeitung „Global Times“. So könnte ein Bündel von Boeing-Bestellungen durch Airbus ersetzt werden, heißt es da – und Verkäufe von US-Autos und von iPhones würden Rückschläge erleiden. So schafft man keine Arbeitsplätz in den USA.

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