Flughafen BER bald chinesisch?

Foto: saschay2k / pixelio.de
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          Fünf mal ist der Eröffnungstermin des Flughafens BER geplatzt, die Kosten haben sich nahezu verdreifacht. Für die Betreiber eindeutig ein Desaster. Nun zeigen aber offenbar Chinesen Interesse. Fluch oder Segen? Ein Bericht meines Freundes Cui Mu.

Am vergangenen Mittwoch (29.März 2017) hat der neue BER-Chef Engelbert Lütke im Berliner Abgeordnetenhaus angekündigt, noch in diesem Sommer einen neuen Termin für die Eröffnung des Hauptstadtflughafens zu nennen. Allerdings wolle er „keinen Schnellschuss abgeben“ und das neue Datum „nicht politisch festlegen“.

Hinter dieser Zurückhaltung könnte ein recht ehrgeiziger, bislang noch geheimer Plan stehen. Eine hochrangige Managerin der chinesischen Handelskammer in Berlin, die jedoch anonym bleiben will, hat nach eigenen Angaben in den vergangenen Wochen „intensive Gespräche“ mit der Flughafenleitung sowie Regierungsvertretern aus Berlin und Brandenburg geführt. Mit dabei seien auch einige chinesische Unternehmer gewesen.

„Peking baut, Shanghai zahlt, Berlin fliegt!”

In den Gesprächen, so die Handelskammer-Managerin, hätten Investoren aus China „ihr Interesse an BER eindeutig gezeigt“. Konkreter hieß es: eine Baufirma aus Peking wolle die große Baustelle um Schönefeld übernehmen und habe den deutschen Verhandlungspartnern „100-prozentige effizientorientierte Arbeitskultur“ versprochen.

Auch für die Weiterfinanzierung hätten die Chinesen vorgesorgt. Eine Investment-Firma aus Shanghai habe sich bereit erklärt, mit ins Boot zu steigen. „Sobald die Verträge abgeschlossen sind, müssen Steuerzahler aus beiden Bundesländern keinen Cent mehr für den BER ausgeben“, sagt die Managerin. Vor allem Politiker aus Berlin und Brandenburg seien von diesem Konzept begeistert.

Ein Landesminister, der offenbar „von der einzigartigen chinesischen Arbeitskultur überzeugt wurde“, habe in den Verhandlungen gefragt, ob man „schon im Dezember fliegen könne, wenn Sie im Juni anfangen.“ Und ein Senator habe sogar gegenüber seinen chinesischen Partnern zusammengefasst: „Peking baut, Shanghai zahlt, Berlin fliegt.“ Das sei ein „vielversprechendes Modell.“

Alarmstufe Rot im Bauamt

Während am Verhandlungstisch der Handelskammer offenbar eine euphorische Stimmung geherrscht hat, schrillten im Bauamt des Landeskreises Dahme-Spreewald die Alarmglocken. Vor knapp fünf Jahren wurde aus diesem Haus der Bau-Stop ausgerufen, als man feststellte, dass es grobe Brandschutzmängel im funkelnagelneuen Terminal gibt. „Wir haben jetzt gehört, dass die Chinesen bestimmte Bauvorschriften, unter anderem was den Brandschutz betrifft, aufweichen möchten. Sonst wollen sie nicht einsteigen. Und unsere Politiker scheinen darauf eingehen zu wollen – einfach so”, klagte ein Mitarbeiter des Bauamts, der ebenfalls anonym bleiben will. Auch die Regelungen für Lärmschutz, Artenschutz sowie Überstunden der Bauarbeiter seien im Visier der chinesischen Investoren.

Zhang, eine chinesische Architektin in Stuttgart, erklärte, das Ignorieren gesetzlicher Regelungen sei eine gängige Verhaltensweise chinesischer Bauunternehmen. Die 39jährige, die in Aachen studierte und dort auch promovierte, hat auch vier Jahre in ihrem Heimatland für einige Großbauprojekte gearbeitet, bevor sie an die Neckar wechselte. Bereits während ihrer Promotion verfolgte sie das Bauprojekt BER. „In China ignoriert man die Regelungen einfach. Sonst wären Termine nicht zu halten und die Kosten würden richtig explodieren.“

Genau das ist beim Bau des Hauptflughafens passiert. Ursprünglich sollte er zwei Milliarden Euro kosten und Ende 2011 eröffnet werden, nun haben sich die Kosten fast verdreifacht. „Würde der BER in China gebaut, wäre er längst eröffnet worden. Die Risiken eines Brandes würde man vorerst einfach in Kauf nehmen und das Problem erst nach der Inbetriebnahme in Ruhe lösen“, so Zhang, die ihren vollständigen Namen nicht bekanntgeben möchte.

Zudem wollten die Chinesen ein neues Konzept namens „Building while flying“ umsetzen, was allerdings auf heftige Proteste der Berliner Politiker gestoßen sei. Ein chinesischer Manager, der früher schon an mehreren Großbauprojekten in seiner Heimat beteiligt war, argumentiere jedoch: „In Shanghai wurde sogar eine Metro-Linie monatelang ohne Zugsicherung betrieben. Die Fahrer hatten nur Sprechfunk.“

Mehr chinesische Fluggäste nach Berlin

Weil sich die hartnäckigen deutschen Behörden nicht so leicht umgehen ließen wie ihre Pendants in China, dürfe die fernöstliche Baufirma, die bereits in Kontakt mit der Flughafenleitung stehe, die gesetzlichen Vorgaben hierzulande „nicht einfach so ignorieren“, sagt Zhang. Daher versuche man nun, die Bauvorschriften zu „harmonisieren”. Die erfahrene Architektin glaubt auch, dass die Pekinger Baufirma 24/7-Schichten einführen und überwiegend Bauarbeiter aus China einsetzen werde, „um die Zeit und Kosten im Griff zu haben“.

Diese Vermutungen will die Mitarbeiterin der chinesischen Handelskammer in Berlin weder bestätigen noch dementieren. Viel lieber schildert sie die Zukunft des einstigen Problemflughafens: „Die chinesische Investoren wollen nach der Inbetriebnahme mehr Fluggesellschaften aus Fernost anlocken, die früher wegen mangelnden Kapazitäten in Tegel nicht landen konnten.“ Auf die Frage, wie viele Anteile die Chinesen von den beiden Bundesländern und vom Bund an der Betreiberfirma „Flughafen Berlin Brandenburg GmbH“ übernehmen wollten, mochte sie allerdings nicht antworten. „Nach dem Vertragsabschluss werden mehr Details veröffentlicht.“ Dies könnte unmittelbar nach dem 1. April geschehen.

Autor: Cui Mu, Bonn

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