Markus Söder in den Knast?

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Der Streit um Diesel-Fahrverbote erreicht jetzt auch die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH). Sie verhandeln ab morgen (03.09.19), ob gegen Politiker auch eine Erzwingungshaft angeordnet werden kann.

 

 

Konkret geht es darum, ob die bayerische Landesregierung des Ministerpräsidenten Markus Söder zur Durchsetzung eines Gerichtsurteils zum Luftreinhalteplan in München gezwungen werden kann.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte dem EuGH im November vergangenen Jahres die brisante Frage vorgelegt, „ob die von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) beantragte Anordnung einer Zwangshaft gegenüber staatlichen Amtsträgern zur Durchsetzung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung unionsrechtlich möglich beziehungsweise geboten ist“.
Hintergrund ist ein Urteil des Verwaltungsgerichts München, wonach Diesel-Fahrverbote in den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt aufgenommen werden sollen. Weil diese Vorgabe nicht umgesetzt wurde, verhängte das Gericht bereits Zwangsgelder gegen den Freistaat. Weil das aber nichts nutzte, beantragte die DUH schließlich die Anordnung von Zwangshaft gegen die Verantwortlichen.

Der Antrag landete vor dem VGH München, der das Verfahren aussetzte und den EuGH in Luxemburg anrief. Die Verwaltungsrichter ließen in ihrem Vorlagebeschluss jedoch keinen Zweifel daran, was sie grundsätzlich vom Verhalten der Landesregierung halten: „Die vorliegend zu verzeichnende gezielte Missachtung rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen durch die vollziehende Gewalt kann nicht hingenommen werden.“ Continue reading „Markus Söder in den Knast?“

Fremdenfeindlichkeit lässt etwas nach

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Die Skepsis gegenüber Zuwanderung von Flüchtlingen ist in Deutschland seit 2015 gesunken. Das geht aus einer am Donnerstag (29.08.19) in Gütersloh veröffentlichten Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung hervor. Demnach sind zwei Drittel der Bevölkerung der Ansicht, Einwanderer seien vor Ort willkommen. Rund 80 Prozent nehmen auch eine Offenheit in den kommunalen Behörden wahr. Einen positiven Effekt von Einwanderung auf die Wirtschaft erwarten etwa 65 Prozent.“

„Deutschland hat den Stresstest der Fluchtzuwanderung ab 2015 gut gemeistert und stabilisiert sich als pragmatisches Einwanderungsland“, sagte Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Die Bevölkerung habe die Herausforderungen von Migration klar vor Augen, sehe aber auch die Chancen für eine alternde Gesellschaft. Die Meinung, Deutschland habe bei der Aufnahme von Flüchtlingen seine Belastungsgrenzen erreicht, vertreten – anders als 2017 – die Befragten nicht mehr mehrheitlich, heißt es weiter.

Allerdings gibt es laut Untersuchung weiterhin auch skeptische Einschätzungen. So meint rund jeder Zweite, dass es zu viel Zuwanderung (52 Prozent) gebe. Eine Mehrheit befürchtet auch, zu viele Migranten würden die Wertvorstellungen des Aufnahmelandes nicht übernehmen. Nicht ganz drei Viertel (71 Prozent) der Studien-Teilnehmer meinen, Migration belaste die deutschen Sozialsysteme. In allen Fällen aber hätten die Werte 2017 deutlich höher gelegen, so die Studienautoren. Die Skepsis in der Bevölkerung gegenüber der Einwanderung sei seither nicht weiter gestiegen, sondern habe rückläufige Tendenz.

Laut Studie akzeptieren die Menschen in Deutschland die Folgen von Zuwanderung zunehmend. Für rund zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten machen Migranten das Leben interessanter. Etwa genauso viele (64 Prozent) sehen Einwanderung als Mittel gegen Überalterung der Gesellschaft. Dass Zuwanderung den Fachkräftemangel ausgleiche, bejahen 41 Prozent. Bei diesen Aspekten weist die Studie steigende Tendenzen gegenüber 2017 aus.

Wie ausgeprägt die Willkommenskultur ist, ist den Angaben zufolge abhängig vom Alter, regional verschieden und hängt auch mit dem Bildungsgrad zusammen. Je höher die Bildungsabschlüsse sind, desto offener sind die Befragten für Zuwanderung. Jüngere sind häufiger positiv eingestellt als Ältere. In Ostdeutschland sind die Menschen skeptischer als in Westdeutschland. Continue reading „Fremdenfeindlichkeit lässt etwas nach“

EZB: Euro-Banken leiden immer noch

Andrea Enria (Foto: Europäische Zentralbank, Frankfurt am Main)

Die Banken in der Eurozone sitzen als Folge der globalen Finanzkrise des Jahres 2008 immer noch auf faulen Krediten in Höhe von rund 580 Milliarden Euro. „Der Anteil der faulen Kredite am Gesamtvolumen ist im Euroraum immer noch deutlich höher als beispielsweise in den USA oder Japan“, sagte der Chef der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), Andrea Enria, in einem Interview, das die EZB am Mittwoch (28.08.19) auf ihrer Webseite veröffentlicht hat. Die meisten dieser notleidenden Kredite seien bei Instituten in Italien, Griechenland, Zypern und Portugal zu finden, sagte Enria weiter.

Die Banken der Vereinigten Staaten hätten die Finanzkrise weitaus besser und schneller verarbeitet als der europäische Bankensektor, sagt Enria. So hätten US-Banken schon vier Jahre nach der Lehman-Pleite ihr Vorkrisenniveau wieder erreicht, während europäische Banken auch nach zehn Jahren noch nicht ihr Vorkrisenniveau erlangt hätten.

Im Zuge des Brexits werden Geldhäuser nach Einschätzung der EZB-Bankenaufsicht in erheblichem Umfang Geschäfte in den Euroraum umschichten. „Am Ende des Prozesses werden wir Vermögenswerte in Höhe von etwa rund 1300 Milliarden Euro haben, die von London in den Euroraum verlagert werden“, sagt Enria. 24 Banken werden nach seinen Angaben umziehen. sieben davon werden unter direkter Aufsicht der EZB stehen, die 17 anderen fallen unter die jeweilige nationale Aufsicht ihrer künftigen Standorte. Die EZB mit Sitz in Frankfurt überwacht seit 2014 die größten Geldinstitute im Euroraum direkt. Derzeit sind es 114 Banken und Bankengruppen.

Der angestrebte britische EU-Austritt zwingt Banken am Finanzplatz London, sich zumindest teilweise umzuorientieren. Denn sobald Großbritannien aus der Europäischen Union ausgeschieden ist, dürfen Banken nicht mehr wie bisher von London aus Finanzgeschäfte in der EU betreiben. Für Dienstleistungen wie Einlagen- und Kreditgeschäfte benötigen die Institute rechtlich selbstständige Einheiten in einem EU-Staat. Sprich: Sie müssen einen Sitz in der EU und eine Lizenz in einem EU-Mitgliedsland haben, um Geschäfte auch in allen anderen EU-Staaten zu machen. Viele der betroffenen Banken zieht es deshalb nach Frankfurt.

Eigentlich wollten die Briten Ende März die EU verlassen haben, doch da es im Parlament in London keine Mehrheit für das Austrittsabkommen mit Brüssel gab, bekam Großbritannien Aufschub bis Ende Oktober. Die Banken hätten die nötigen Vorkehrungen getroffen, stellte Enria fest. „Wir haben die besten Vorbereitungen getroffen, die wir treffen konnten, die Banken haben unsere Auflagen erfüllt, und es besteht ein Notfallplan.“ Dennoch sei der Brexit ein Ereignis, „das immer mit Schocks und Turbulenzen auf den Finanzmärkten einhergehen kann“, sagte Enria. „Das bereitet uns ein wenig Kopfzerbrechen.“

Das ganze Interview in Englisch steht hier.

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Was tun gegen die Plastik-Pest?

Gili Islands, Lombok, Indonesien (Foto: Brian Yurasits @brian_yuri)

Plastik ist bei uns mittlerweile schwer in Verruf gekommen – spätestens seit den Meldungen über vermüllte Ozeane und Mikroplastik im Trinkwasser beginnen viele Menschen nachzudenken über ein Produkt, das die Natur nur sehr schwer abbauen kann. Trotzdem steigt die globale Produktion von Plastik immer noch. Allein die USA planen, ihre Plastikproduktion in den nächsten Jahren um 30 Prozent zu steigern. Weil 99 Prozent allen Plastiks aus fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle hergestellt werden, sind die klimaschädlichen Emissionen entlang des Lebenszyklus von Plastik enorm.

Um der Plastikflut Einhalt zu gebieten, konzentrieren sich aktuelle Bestrebungen vor allem auf die Abfallwirtschaft und die Konsumenten. Die Plastikhersteller ducken sich weg und sind froh, dass die Verantwortung für die Plastikkrise den Verbrauchern und der Entsorgungswirtschaft zugeschoben wird. Das Meinungsforschungsinsitut Forsa hat im Auftrag der Heinrich-Böll-Stiftung eine repräsentative Befragung zur Regulierung der Plastikproduktion und des Plastikverbrauchs durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen: Bei der Frage, ob die Politik die Plastikkrise stärker bekämpfen soll, haben die Deutschen eine klare Haltung: Sie wünschen sich deutlich mehr Regulierung. Continue reading „Was tun gegen die Plastik-Pest?“

Die „Schwarze Null“ – ein unnötiger Bremsklotz

Foto: Frank Ulbricht / pixelio.de

Der deutsche Fiskus schwimmt in Geld. Trotz der Konjunkturflaute haben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen im ersten Halbjahr gut 45 Milliarden Euro mehr eingenommen als sie ausgegeben haben, sagt das Statistische Bundesamt.

In den ersten sechs Monaten profitierte der Staat von Steuereinnahmen und sprudelnden Sozialbeiträgen. Bezogen auf die jährliche Wirtschaftsleistung lag der Überschuss bei 2,7 Prozent. Es war der zweitbeste Wert seit der Wiedervereinigung in einem ersten Halbjahr. In den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres hatte der Überschuss um 51,8 Milliarden Euro oder 3,1 Prozent höher gelegen.

Deutschland ist mit dem Überschuss weit entfernt von der Defizitgrenze des Maastricht-Vertrages. Darin erlauben sich die Europäer höchstens ein Haushaltsdefizit von 3,0 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt BIP). Ein minimales Minus hatte Deutschland zuletzt im zweiten Halbjahr 2013 zu verzeichnen.

Angesichts dieser komfortablen Haushaltslage ist es kein Wunder, dass die Rufe nach mehr staatlichen Investitionen und der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags lauter werden. Der Bund der Steuerzahler und FDP-Politiker wollen den Soli ganz weg haben, und der Deutsche Gewerkschaftsbund mahnt mehr staatliche Investitionen an. Continue reading „Die „Schwarze Null“ – ein unnötiger Bremsklotz“

Weidmann wichtiger als Weber

Auch wenn wir Sparer uns schwarz ärgern – eine Abkehr von der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank EZB können wir uns für die nächsten Monate – wenn nicht gar Jahre – abschminken. Die EZB schiebt nämlich wegen wachsender Konjunktursorgen eine Zinswende immer weiter hinaus.

Der Zentralbankrat hat heute (06.06.2019) in Litauens Hauptstadt Vilnius angekündigt, die Leitzinsen noch bis mindestens zum Sommer nächsten Jahres unverändert zu lassen. Bislang galt diese Ankündigung nur bis zum Ende des Jahres. Die Zentralbank sei für alle Fälle gerüstet, so wird EZB-Präsident Mario Draghi zitiert.

Den Frankfurter Währungshütern bereitet offenbar der Zollstreit zwischen den USA und China Sorgen. Der wird wohl nicht nur diese beiden Volkswirtschaften in Mitleidenschaft ziehen, sondern auch auf die Konjunktur in Europa abfärben. Deshalb hält der EZB-Rat alle geldpolitischen Instrumente einsatzbereit, die er im Werkzeugkasten hat – inklusive neuer Anleihenkäufe.

Wieder einmal wird die Zinswende verschoben – und was noch schlimmer ist: Der künftige Nachfolger von Draghi wird wenig Spielraum haben, daran etwas zu ändern. Draghi scheidet bekanntlich Ende Oktober aus dem Amt. In seiner achtjährigen Zeit hat er nicht ein einziges Mal die Zinsen erhöht. Der Schlüsselsatz zur Versorgung der Banken mit Geld liegt seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent.

Eine Zeit lang hatte ich die Hoffnung, Draghis Nachfolger werde der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann. Der galt bislang immer als Kritiker der gigantischen Anleihenkäufe der EZB und ihrer ultralockeren Geldpolitik. Das werde zu einer Wende in der Geldpolitik führen, dachte ich.

Witzigerweise sind Weidmanns Chancen, Draghi-Nachfolger zu werden, seit der Europawahl sogar noch gestiegen. Denn der CSU-Politiker Manfred Weber wird es sehr schwer haben, den angestrebten Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu kriegen. Merkel unterstützt ihn nur halbherzig, und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lehnt ihn rundweg ab. Falls Weber nicht zum Zuge kommt, steigen Weidmanns Chancen, Draghi im Herbst an der EZB-Spitze zu beerben.

Allerdings bin ich mir schon lange nicht mehr sicher, ob Weidmann an der Nullzinspolitik etwas ändern würde. Für eine Anhebung der Zinsen fehlt nämlich eine Voraussetzung: Inflation. Unsere Wirtschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten so stark verändert, dass kaum noch mit Inflation zu rechnen ist. Fachleute nennen dafür zwei Gründe: Globalisierung und Digitalisierung. Die Globalisierung bringt es mit sich, dass Unternehmen nicht unbedingt höhere Löhne zahlen und an ihre Kunden weitergeben müssen, wenn sie mehr produzieren wollen – sie können ja auf Billigstandorte ausweichen. Und die Digitalisierung sorgt dafür, dass Kostensteigerungen nicht so einfach auf den Konsumenten abgewälzt werden können. Denn noch nie waren Preisvergleiche so einfach wie in den Zeiten des Online-Shoppings.

Abgesehen davon wird die gesamte digitale Technik immer leistungsfähiger und trotzdem tendenziell immer billiger. Dass Inflation schon lange kein Thema mehr ist, zeigen ja auch die vergangenen Jahre der wirtschaftlichen Erholung in Europa. Sie ging völlig spannungsfrei mit niedrigen Preissteigerungsraten einher, obwohl nach dem Lehrbuch im Aufschwung die Preise eigentlich rasant steigen müssten.

Und so bleibt es vermutlich auch unter einem EZB-Präsidenten Weidmann bei der Nullzinspolitik der EZB mit ihrer zweischneidigen Wirkung. Klassische Sparer leiden ungemein, weil ihr Angespartes auch mit niedrigen Inflationsraten stetig an Wert verliert, Aktienanleger profitieren dagegen, weil es zu Aktien keine renditeträchtigen Alternativen gibt – höchstens noch Immobilien. Die Reichen werden reicher, weil sie in Aktien und Immobilien investieren können, der kleine Mann wird schleichend enteignet.

Dennoch wäre mir ein EZB-Präsident Jens Weidmann lieber als ein Kommissionspräsident Manfred Weber. Denn der nächste EZB-Chef wird es unweigerlich mit der Schuldenorgie der italienischen Populisten zu tun bekommen. Party kann man das schon nicht mehr nennen, was Italiens Nationalisten und Populisten veranstalten, Orgie ist da schon treffender. Die Frage, ob die EZB dann in großem Maße Staatsanleihen Italiens kaufen soll, ist für Deutschland enorm wichtig. Mit einem EZB-Präsidenten, der wie Weidmann als Kritiker der Anleihenkäufe gilt, können die Partygänger des Club Mediterranee nicht darauf hoffen, dass die EZB hoch verschuldete Staaten einfach immer weiter alimentiert.

Liebe zum Bargeld lässt nach

Quelle: EHI

„Deutsche kleben am Bargeld“ habe ich im Februar in diesem Blog geschrieben und mich dabei auf eine Studie der Deutschen Bundesbank und des Kölner Handelsinstituts EHI Retail bezogen. Jetzt relativieren die Kölner Handelsforscher ihren Befund vom Frühjahr.

 

 

 

Der Grund: Erstmals haben im vergangenen Jahr die Kartenumsätze im deutschen Einzelhandel die der Bargeldzahlungen überstiegen. Haupttreiber dieser Entwicklung sei vor allem das girocard-System der Deutschen Kreditwirtschaft, schreiben die EHI-Experten.

Gut 209 Milliarden Euro und damit 12,4 Milliarden Euro mehr als im Vorjahr hat der deutsche Einzelhandel 2018 per Karte umgesetzt. Das entspricht einem Anteil von 48,6 Prozent. Bargeld hat 1,7 Prozentpunkte verloren und liegt nun mit 48,3 Prozent knapp dahinter. Die restlichen 3,1 Prozent verteilen sich auf andere Posten wie zum Beispiel Ratenkäufe. Größter Verlierer im Ranking der Zahlungsarten ist das SEPA-Lastschrift-Verfahren mit nun nur noch zehn Prozent Umsatzanteil von vormals 12,6 Prozent.

Rund 20 Milliarden Einzelkäufe haben die Kunden in Deutschland im vergangenen Jahr im stationären Handel getätigt, davon 15,2 Milliarden in bar und 4,6 Milliarden mit Karte. Auch hier ist der Baranteil um 1,1 Prozentpunkte bzw. 220 Millionen Transaktionen rückläufig. Dennoch werden immer noch 76,1 Prozent aller Einkäufe im Einzelhandel mit Bargeld beglichen – wobei es da regelmäßig um kleinere Beträge als bei Kartenzahlungen geht.

Immer häufiger wird die Girocard eingesetzt. Ihr Umsatzanteil stieg um 3,8 Prozentpunkte oder 19,2 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr. Das habe hauptsächlich drei Gründe, schreiben die EHI-Forscher. Einmal hätten Banken und Sparkassen die Gebühren für Girocard-Zahlungen gedeckelt und die Konditionen dem SEPA-Lastschriftverfahren angeglichen. Seitdem sei das Girocard-PIN-Verfahren für Händler deutlich attraktiver geworden. Mehrere große Lebensmittelhändler hätten daraufhin die girocard-Anteile deutlich höher gewichtet oder sogar komplett von SEPA-Lastschrift auf Girocard-PIN-Verfahren umgestellt. Im Gegensatz zum Lastschrift-Verfahren ermögliche das PIN-basierte Zahlungsverfahren ein praxistaugliches kontaktloses Bezahlen. Kunden scheint diese praktische wie schnelle Alternative zu mehr Kartenzahlungen motiviert zu haben. Hinzu kommt, dass kontaktloses Bezahlen neuerdings häufiger auch für Kleinbeträge genutzt wird.

Das kontaktlose Bezahlen verhilft auch den Kreditkarten zu – allerdings mäßigem – Wachstum. Sie konnten ihren Anteil von 6,5 auf 6,9 Prozent ausbauen. Fast 30 Milliarden Euro wurden damit 2018 umgesetzt, ein kleinerer Teil davon bereits über mobile Bezahlverfahren wie Apple Pay oder Google Pay. Mit 28,2 Prozent Anteil liegt in den vom EHI untersuchten Unternehmen die Kontaktlosquote bei Kreditkartentransaktionen dabei noch deutlich über der stark angestiegenen Girocard-Kontaktlosquote von 21,2 Prozent.

Der Erfolg des kontaktlosen und mobilen Bezahlens und der ohnehin ab und zu fällige Austausch von Terminals hätten die Händler dazu veranlasst, nach mehrjähriger Zurückhaltung jetzt wieder mehr in die Zahlungsverkehr-Infrastruktur zu investieren. Aktuell planten 44,8 Prozent (Vorjahr: 33,8 Prozent) der großen Unternehmen eine Auffrischung ihrer IT-gestützten Kassensysteme. Jedes fünfte Unternehmen will noch in diesem Jahr etwas ändern oder ergänzen.

Das EHI hat für seine Studie 435 Unternehmen mit rund 85.000 Betrieben aus 35 Branchen des Handels mit einem Bruttoumsatz (2018) in Höhe von 274,4 Milliarden Euro untersucht. Die Ergebnisse beziehen sich auf des so genannten stationären „Einzelhandel im engeren Sinne“ – also ohne Kfz, Mineralöl, Apotheken, E-Commerce und Versandhandel.

No-Deal-Brexit so nah wie nie

Nachdem die britische Premierministerin Theresa May ihren Rücktritt angekündigt hat, drohen im Vereinigten Königreich Hardliner an die Macht zu kommen, die einen ungeregelten Austritt riskieren. Dieser harte No-Deal-Brexit würde der britischen Wirtschaft schaden, sondern die Einheit des Königreichs bedrohen, warnen die Experten des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Die Gefahren für die deutsche Wirtschaft halten sie dagegen für „überschaubar“.

„Die Schäden, die dem UK durch den harten Brexit drohen, nehmen die Hardliner in höchst fahrlässiger Weise in Kauf“, sagt IW-Brexitexperte Jürgen Matthes. Theresa May sei gescheitert. Das sei aber nicht ihre Schuld, sondern läge vielmehr am mangelnden Einigungswillen des britischen Parlaments. Jetzt würden „Randlösungen“, wie Matthes sie nennt, immer wahrscheinlicher: Am deutlichsten zeichne sich ein harter No-Deal-Brexit ab. Allerdings sei auch ein neues Brexit-Referendum denkbar, das den Schaden eines ungeregelten Brexits abwenden könnte.

Die Wahl zum Europäischen Parlament hat den Abgang von May sehr viel früher als erwartet eingeläutet. Das liege vor allem an der neuen Brexitpartei von Hardliner Nigel Farage, der damit auch zu einer innenpolitischen Bedrohung für die Konservativen Tories geworden sei. Boris Johnson habe gute Chancen, als neuer Partei- und Regierungschef gewählt zu werden. Sein Tory-Lager befürwortet schon seit langem einen ungeregelten Austritt, um sich nicht dem vermeintlich knebelnden Austrittsvertrag mit der EU unterwerfen zu müssen.

IW-Experte Matthes geht davon aus, dass ein No-Deal-Brexit die britische Wirtschaft kurzfristig in eine Rezession stürzen und die Arbeitslosigkeit deutlich erhöhen könnte – so wie auch schon die Bank of England im November 2018 gewarnt hat. Durch einen ungeregelten Austritt werde die Unsicherheit in der Wirtschaft rapide zunehmen, lange Staus an den Grenzen führten zu Versorgungsengpässen. „Längerfristig schaden neue Zölle, andere Handelsbarrieren und eine stark eingeschränkte Zuwanderung aus der EU dem Vereinigten Königreich“, so Matthes. „Das führt dazu, dass viele britische Unternehmen aus den europäischen Wertschöpfungsketten herausgeschnitten werden.“ Die britische Regierung fürchtet im Fall eines No-Deal-Brexit, dass die Wirtschaftsleistung langfristig zum bis zu zehn Prozent geringer ausfällt.

Matthes sieht sogar die Einheit des Vereinigten Königreichs ist in Gefahr. Schottland hat gegen den EU-Austritt gestimmt und will allenfalls einen weichen Brexit. Nun könnte es zu einem neuen Unabhängigkeitsreferendum von London kommen, die schottischen Nationalisten warteten nur auf eine solche Vorlage, so Matthes. Ungemach droht auch in Nordirland: Ein harter Brexit bedeutet eine harte Grenze auf der irischen Insel und damit eine ernste Gefahr für den fragilen Frieden. Ein ungeregelter Austritt könnte den Befürwortern einer Wiedervereinigung mit der Republik Irland starken Auftrieb geben.

Für die deutsche Wirtschaft würde es im Fall eines No-Deal-Brexit zweifellos auch unruhiger werden, allerdings würden die ökonomischen Schäden deutlich geringer ausfallen als im UK. „Viele Unternehmen haben ihre Notfallpläne längst in der Schublade“, sagt Jürgen Matthes. Zudem seien deutsche Exporteure findig, neue Absatzmärkte zu finden – Horrorszenarien seien deshalb nicht angebracht. Eine Studie des IWH in Halle fürchtet einen Verlust bis zu 100.000 Stellen bei einem harten Brexit. Das ist für die Betroffenen sicherlich problematisch. Doch entspricht diese Zahl nur 0,25 Prozent der insgesamt rund 45 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland. Im vergangenen Jahr ist gleichzeitig die Zahl der Erwerbstätigen um 1,3 Prozent gestiegen – die deutsche Wirtschaft muss sich also nicht zu sehr vor einem harten Brexit fürchten.

Zinswende verschoben – was tun?

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Seit dem 7. März wissen wir Sparer, dass wir länger auf eine Zinserhöhung warten müssen. Die EZB hat auf ihrer jüngsten Ratssitzung eine Erhöhung ihrer Leitzinsen offensichtlich auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben. Sparbuch und Co. werfen kaum noch etwas ab. Solange die Teuerungsrate nahe der Nulllinie blieb, hatte sich das in etwa ausgeglichen. Steigen die Verbraucherpreise jedoch stark an, verlieren Sparer unter dem Strich Geld. Was tun?

EZB-Chef Mario Draghi blickt deutlich pessimistischer auf die Konjunktur und überlässt die Zinswende seinem Nachfolger. Im Kampf gegen den Abschwung in Europa wollen die Währungshüter den Banken neue billige Langfristkredite gewähren, damit die Geldhäuser bereitwilliger Kredite an die Wirtschaft geben, wovon vor allem Institute im rezessionsgeplagten Italien profitieren dürften. Die Frankfurter Euro-Währungshüter wollen ihre ultratiefen Schlüsselzinsen bis mindestens zum Jahresende belassen – bislang hatten sie dies nur bis zum Sommer in Aussicht gestellt.

Mit den jetzigen Beschlüssen wird Draghi wohl der erste und einzige EZB-Präsident werden, der in seiner Amtszeit kein einziges Mal die Zinsen erhöht hat. Der Italiener scheidet Ende Oktober aus dem Amt. Ihren Seit März 2016 liegt der Leitzins in der Eurozone unverändert bei 0,0 Prozent. Kritiker halten diese am 7. März beschlossenen Maßnahmen für reine Panik. Damit hat nämlich die EZB mit einem Schlag ihr gesamtes Pulver verschossen für den Fall, dass die Konjunktur der Euro-Zone in den kommenden Monaten in eine Rezession abrutscht. Anders ausgedrückt: Die Zinswende könnte sich, wenn die Konjunktur in Europa weiter abschmiert, auf den Sankt Nimmerleinstag verschieben.

Das sind bittere Nachrichten – vor allem für Sparer, die sich Geld für die Altersvorsorge beiseite gelegt haben. Sie können zwar froh sein, dass die Banken für ihre Einlagen keine Strafzinsen verlangen – positve Zinsen gibt es aber auch nicht. So müssen sie zusehen, wie ihre Altersvorsorge Jahr für Jahr rund 1,2 bis 1,8 Prozent an Wert verliert, je nachdem, wie hoch die jährliche Inflationsrate ausfällt. Continue reading „Zinswende verschoben – was tun?“

Im Botanischen Garten

Was macht man an seinem Geburtstag bei wunderbarem Wetter? Genau, mann macht eine beschwerliche und weite Reise nach Bonn-Poppelsdorf, um in den Gewächshäusern des dortigen Schlosses exotische Pflanzen zu bewundern…

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<p><a href=“https://vimeo.com/911256580″>201903 Botanischer Garten</a> from <a href=“https://vimeo.com/rolfwenkel“>Rolf Wenkel</a> on <a href=“https://vimeo.com“>Vimeo</a>.</p>