Der neue Hass aufs Auto

Foto: O. Fischer / pixelio.de

Wenn die düster dräuenden Ahnungen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) wahr werden, dann waren die Ausschreitungen beim G8-Gipfel in Hamburg ein Spaziergang gegen das, was der am Montag (09.09.19) beginnenden Internationalen Automobilausstellung IAA in Frankfurt bevorsteht. Die Polizei und Veranstalter rüsten sich jedenfalls für Szenarien zwischen friedlicher Fahrrad-Demo und harter Randale.

Einen möglichen Vorgeschmack gab es Ende Juli auf dem Gelände eines Autohauses im Frankfurter Nobel-Vorort Kronberg. Etwa zehn maskierte Täter schlugen nachts auf abgestellte Jaguars, Land-Rover und andere Nobelkarossen ein, beschädigten über 40 Fahrzeuge und richteten laut Polizei einen Schaden weit jenseits von 100.000 Euro an. Im Internet verwies eine Gruppe „Steine ins Getriebe“ auf die IAA. Es sei Zeit, „Fakten zu schaffen, diese Dreckschleudern zu entsorgen und so viele Luxuskarren wie möglich kaputtzuschlagen.“

Als ich das meiner Frau erzähle – nein, sie stand entgegen dem Klischee nicht in der Küche, sondern sonnte sich auf der Terrasse – kam die kurze Replik: „Wird vermutlich bald härter bestraft als Kindesmissbrauch.“ Eine Polemik, die ich natürlich mit Abscheu und Empörung von mir weise.
„Der neue Hass auf das Auto“ überschreiben die FAS-Autoren Anna Steiner und Georg Meck ihren Artikel, und sie präsentieren noch einen Fall: In Köln-Ehrenfeld hätten erst im Juni Brandstifter aus der linksautonomen Szene „vier backfrische Porsche Cayenne“ abgefackelt, wie sie später im Internet schreiben.

Der Branchenverband VDA (Verband der Automobilindustrie) gibt sich jedenfalls seit dem Diesel-Skandal recht kleinlaut und will mit Diskussionsveranstaltungen am 5. und 13. September in Berlin und Frankfurt „mit ihren Kritikern ins Gespräch kommen.“ „Brauchen wir das Automobil überhaupt noch?“ – das ist ein Motto, das noch vor einer Dekade undenkbar gewesen wäre.

Zum ersten Publikumswochenende der Autoschau am 14./15. September sind vor den Toren der IAA in Frankfurt Demonstrationen und Blockadeaktionen angekündigt. Umweltverbände und die Klimaschutzbewegung „Fridays for Future“ fordern ein sofortiges Ende von Kraftstoffmotoren, um die klimaschädlichen Kohlendioxidemissionen (CO2) zu senken.

Schärfere Klimaschutzvorschriften hält der VDA indes nicht für notwendig. Man müsse „nichts Neues erfinden, sondern das Geplante umsetzen“, sagt der VDA. Die deutschen Hersteller wollten ihr Angebot an Elektroautos bis 2023 auf 150 Modelle zu verfünffachen. Autobauer und Zulieferer investierten in den kommenden drei Jahren 40 Milliarden Euro in die Elektromobilität, sagt der VDA. Jetzt müssten die Ladestationen zügig errichtet werden.

Die IAA wird nicht nur von Klimaschützern angefeindet, sie ringt auch um ihre Zukunft. Die Zahl der Aussteller sinkt um rund 20 Prozent auf 800, auch die Ausstellungsfläche schrumpft. Immer mehr Autobauer fragen sich, ob sie auf Messen überhaupt noch ihre Kunden erreichen. Viele verlagern sich auf andere Messen wie die größte Show für Unterhaltungselektronik CES in Las Vegas oder die Mobilfunkmesse „Mobile World Congress“ in Barcelona.

Mehrere große Hersteller aus dem Ausland – darunter der Volkswagen-Rivale Toyota,
Frankreichs Nummer eins Renault oder der kriselnde italienisch-amerikanische Konzern Fiat Chrysler – sind auf der IAA gar nicht oder zumindest ohne Ausstellungsfläche
dabei. Der IAA-Veranstalter VDA will sich mit neuen Konzepten gegen den Bedeutungsverlust stemmen. Die Messe soll nicht mehr nur als Autoausstellung dienen, sondern als Plattform zum Austausch der Branche und mehr Unterhaltung bieten.

Andererseits haben viele Gruppierungen zum friedlichen Protest gegen die Autoschau ausgerufen – unter anderem Greenpeace, der Verkehrsclub VCD und der Fahrradverband ADFC. Die Behörden halten sich bislang bedeckt, ob sie mit größeren Angriffen militanter Gruppen rechnen. Die Polizei werde entsprechend stark vor Ort sein, sagt ein Sprecher. Konkrete Hinweise auf geplante Gewalttaten liegen bislang nicht vor, heißt es.

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