Der Staat hat im vergangenen Jahr dank hoher Steuereinnahmen einen Rekordüberschuss von 58 Milliarden Euro erzielt. Das hat das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitgeteilt – und damit frühere Angaben leicht nach unten korrigiert. Demnach nahm die Öffentliche Hand (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen) 1,543 Billionen Euro ein und gab 1,485 Billionen Euro aus. Das ist absolut gesehen immer noch der höchste Überschuss, den der Staat seit der deutschen Wiedervereinigung erzielt hat. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt in jeweiligen Preisen (3,386 Billionen Euro) ergibt sich daraus für den Staat eine Überschussquote von 1,7 Prozent.
Die Einnahmen legten im Vergleich zu 2017 mit 4,7 Prozent „deutlich“ zu, schreiben die Wiesbadener Statistiker, stärker als die Ausgaben, die um 3,2 Prozent wuchsen. Zu verdanken war das zum großen Teil den Einkommen- und Vermögensteuerzahlungen, sie stiegen um 5,7 Prozent. Die gute Arbeitsmarktlage führte auch zu einem kräftigen Anstieg von 4,3 Prozent bei den Sozialbeiträgen. Den höchsten Überschuss erzielte laut Statistik der Bund mit 17,9 Milliarden Euro. Die Sozialversicherungen schlossen das Jahr mit einem Plus von 14,9 Milliarden Euro ab. Den Kommunen blieb ein Überschuss von 14,0 Milliarden Euro, den Ländern 11,1 Milliarden Euro.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zu Jahresbeginn gesagt, die „fetten Jahre“ seien vorbei. Wie passt das zusammen? Wir sind zwar auf der Liste der reichsten Länder auf Platz vier und haben einen gigantischen Exportüberschuss, aber Olaf Scholz wird doch sicher einen Grund haben, den Zeigefinger zu erheben? Und tatsächlich: Trotz Rekordeinnahmen des Staates wird demnächst vermutlich wieder ein Loch im Haushalt des Bundes klaffen. Neben einer abflauenden Konjunktur und abgesenkten Wachstumsprognosen (von 1,8 auf 1,0 Prozent bis 2020), was die Steuereinnahmen nicht mehr so üppig sprudeln lassen wird, schlagen auch Milliardenprojekte der großen Koalition zu Buche. In den kommenden Jahren (bis 2023) fehlen nach Angaben des Finanzministeriums 25 Milliarden Euro. Eine Sprecherin von Scholz sagte, die „schwarze Null“ stehe nicht zur Debatte.
Koalitionskonflikte um das knappe Geld stehen also an, gerade weil weitere Milliardenprojekte wie der Kohleausstieg und höhere Verteidigungsausgaben geplant sind. Die Unionsparteien planen außerdem Entlastung von Unternehmen oder die vollständige Abschaffung des „Soli“. Da ist es wohl an der Zeit, mal wieder einen Kassensturz vorzunehmen. Was geht, was geht nicht? Derzeit wird der Haushalt für 2020 und die Finanzplanung bis 2023 aufgestellt, beides soll vom Kabinett am 20. März beschlossen werden. Wegen der Engpässe darf es neue Ausgaben nur geben, wenn an anderer Stelle von den Ministerien gespart wird. Scholz in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Wir können uns fast alles leisten – aber nicht alles gleichzeitig.“
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