Für nur 200 Euro mehr…

„Weil Transparenz Vertrauen schafft“, heißt das Motto der an sich löblichen Internet-Initiative namens Abgeordnetenwatch . Die ursprünglich von zwei jungen Leuten nur für die Politiker in Hamburg gedachte Internet-Plattform, auf der sich alle Kandidaten vorstellen und den Fragen der User stellen sollten, ist im Superwahljahr 2009 stark angeschwollen. So stark, dass die ganze Internet-Plattform professionalisiert werden musste – mit ehrenamtlichen Webmastern ist so etwas nicht zu schaffen. Im Superwahljahr 2009 ist natürlich die Zahl der Bundestags- und Landtagskandidaten erheblich angeschwollen. Allein 2.130 Kandidaten bewerben sich laut „abgeordnetenwatch.de“ um ein Mandat im Deutschen Bundestag. Viele haben dort ihr Profil abgelegt, und bislang sind 2.529 Fragen interessierter Bürger eingegangen, die zu knapp 60 Prozent beantwortet wurden. (Notabene: Angela Merkel turnt dort nicht herum, auf viele Fragen interessierter Bürger gab es keine einzige Antwort.)

Transparenz und Vertrauen schaffen geht natürlich nicht nur ehrenamtlich – irgendwoher muss die Kohle kommen. Auf der Unterseite „Finanzierung“ ist davon wenig zu erfahren – dort sind lediglich die die Anteile der Ausgabenblöcke auf’s Komma genau aufgelistet. edathy02
Schön fänden es die Betreiber sicherlich, wenn jeder der 2.130 Bundestagskandidaten für nur 200 Euro sein Profil aufhübschen würde. Da käme immerhin fast eine halbe Million zusammen. Aber: So manches Mitglied des Deutschen Bundestages scheint sich dem Druck, sich in einer öffentlichen Internet-Plattform präsentieren zu müssen, grundsätzlich zu verweigern. Jedenfalls haben auffallend wenige Abgeordnete für nur eine handvoll Euros mehr ein hoch aufgelöstes Farbfoto (300 dpi) eingestellt…

BITKOM hält Internet für wahlentscheidend

Der deutsche IT-Branchenverband BITKOM hat das Meinungeforschungsinstitut Forsa im Juni mit einer Telefonumfrage unter 1.005 repräsentativ ausgewählten Personen über 18 Jahre beauftragt. Demnach sagen 44 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger, dass eine Partei ohne den Einsatz des Internets heute keine Wahl mehr gewinnen kann. Vor allem für jüngere Wähler sei das Internet heute das Informationsmedium Nummer eins für politische Themen. Drei Viertel der 18- bis 29-Jährigen informieren sich im Web über Politik. Das Fernsehen nutzen 61 Prozent, persönliche Gespräche 56 Prozent und Tageszeitungen 54 Prozent. In der Gesamtbevölkerung steht dagegen das Internet bislang noch an fünfter Stelle, nach Fernsehen, Tageszeitungen, Radio und persönlichen Gesprächen. Hier gibt’s mehr Informationen zur Studie. bitkom-grafik
„Wer sich im Internet über Politik informiert, besucht am liebsten die Nachrichtenseiten der klassischen Medien“, schreibt der Verband in einer Pressemitteilung. 81 Prozent der politisch interessierten Internetnutzer informierten sich bei den Online-Angeboten von Zeitungen, Magazinen oder TV-Sendern. Jeder Dritte nutze die Webseiten der politischen Parteien. In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen seien es jedoch schon 55 Prozent. Stark im Kommen seien soziale Netzwerke. „Mehr als jeder fünfte Bundesbürger informiert sich bei Facebook, Xing, Youtube oder StudiVZ zu politischen Themen. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es 28 Prozent. 22 Prozent der Jüngeren nutzen Diskussionsforen und Blogs“, heißt es beim BITKOM.

Wirtschaft in Online-Medien – stark gefragt?

Folgende Pressemitteilung flatterte uns heute ins Haus: „Hinter den 16 relevantesten deutschen Angeboten für Wirtschaftsberichterstattung im Internet stehen Online-Redaktionen von zwei bis sieben Redakteuren. Im Verhältnis zur Gesamtredaktion, die aus sechs bis hundert Festangestellten besteht, weisen die Online-Wirtschaftsres­sorts eine vergleichsweise niedrige personelle Ausstattung aus. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Instituts für Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der FU Berlin im Auftrag des Ernst-Schneider-Preises der deutschen Industrie- und Handelskammern. Der Vorsitzende des Ernst-Schneider-Preis e.V., Walter Richtberg, hält diese Ausstattung in der heutigen Zeit für „ungenügend“. Continue reading „Wirtschaft in Online-Medien – stark gefragt?“

Kein Wahlkampffieber im Netz

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Der Wahlkampf im Web 2.0 ist voll im Gange. Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier buhlen auf Facebook um jeden Unterstützer, die CDU hat auf Youtube ein eigenes TV-Portal, und die Kampfrede Steinmeiers vom letzten SPD-Parteitag kann man sich ebenfalls bei Youtube reinziehen. Stolz geben Parteien und Kandidaten kund, wie viele Unterstützer sie bereits gesammelt haben: Auf der Wahlkampf-Website der SPD waren es am heutigen Mittwoch gut 15.500, bei der CDU gut 17.700. Alle versuchen, es dem Vater aller Internet-Wahlkämpfe nachzumachen, dem US-Präsidenten Barack Obama.

Doch ob die Internet-Auftritte der Parteien in Deutschland am 27. September wahlentscheidend sein werden, ist mehr als fraglich. Das Potenzial des Internets als Medium für den Wahlkampf ist jedenfalls vorhanden. Rund zwei Drittel der deutschen wahlberechtigten Online-Nutzer sind im Netz unterwegs, um politische Informationen zu sammeln. Nur das Fernsehen spielt eine größere Rolle: Drei Viertel aller Online-Nutzer über 18 Jahre nutzen das TV für politische Informationen. Fragt man genauer nach, will immerhin noch jeder Dritte im Hinblick auf die Bundestagswahl das Internet einsetzen, um mehr über Parteien und Programme zu erfahren. Jeder Vierte sucht persönliche Informationen über Politiker im Netz. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle W3B-Studie der Marktforscher Fittkau&Maaß, die mir freundlicherweise erlaubt haben, obige Grafik abzubilden.

Die Online-Auftritte der Parteien und Kandidaten spielen allerdings – ebenso wie die Seiten der Bundesregierung – im Wahlkampf eher eine untergeordnete Rolle. Viel öfter werden Webseiten von Zeitschriften, Magazinen und Fernsehsendern aufgerufen, wenn es um politische Informationen geht. Und bei Web 2.0-Angeboten sieht es ganz düster aus. Blogs, Soziale Netzwerke und Video-Communities werden der Studie zufolge kaum genutzt: Nur jeder 20. Surfer nutzt sie als Informationsquelle, bei den Micro-Blogs wie Twitter oder Jaiku sind es kaum messbare 1,0 Prozent. Fazit der Meinungsforscher: „Wahlkampf à la Obama“ kommt hierzulande mindestens eine Wahlperiode zu früh.

Wo ist der Heiligenschein?

knuelle Wow. Was für ein Wahlplakat. Lieber Marc, warst du knülle, als du deiner Provinzwerbe- agentur erlaubt hast, dieses Foto zu drucken? Das ist dermaßen mit Botschaften über- frachtet, dass es schon wieder unfreiwillig komisch wirkt. Botschaft 1: Seht her, ich tue was für die Rentner. Die Oma betet dich von unten an – hat sie sich hingekniet oder bist du auf eine Kiste gestiegen? Botschaft 2: Ich bin ausländerfreundlich, ich drücke sogar einem Neger die Hand. Dumm nur, dass du dem schwarzen Mann nicht in die Augen schaust, sondern lieber auf deinen potentiellen Wähler: Na, wie bin ich? Botschaft 3: Seht her, ich trage Kinder auf dem Arm, also bin ich kinder- und familienfreundlich. Botschaft 4: Das Kind hat einen Laptop unterm Arm und hält dir ein Handy ans Ohr, seht her, ich bin mit allen modernen Kommunikationsmitteln vertraut. Dumm nur, dass sich das Kind nicht die Bohne für dich, den Bürgermeisterkandidaten der Weltstadt Sankt Augustin, interessiert, sondern nur für den Hampelmann hinter der Kamera. Fazit: Gut gemeint, daher „noch mangelhaft, fünf minus“, setzen.

Viel Gezwitscher um drei Prozent

„Immer mehr Blogger geben ihre Seiten auch deshalb auf, weil sie zu aktuelleren Webphänomenen wie Facebook oder Twitter wechseln“, heißt es bei der Agentur „pressetext“ zum Thema Online-Leichen. Ist das wirklich so? „Twitter – Der Spatz im Reich der großen Web 2.0-Tiere“ schreiben die Marktforscher der Agentur Fittkau & Maaß über die Ergebnisse der 28. WWW-Benutzer-Analyse. „Die Medien-Hype um Mikro-Blogs wie Twitter und Jaiku findet kein Ende. Die Branche bejubelt den neuen, großen Trend und den »140-Zeichen-Wahn«. Fittkau & Maaß untersuchte im Rahmen der aktuellen W3B-Studien die tatsächliche Verbreitung von Mikro-Blogs – und fand dabei heraus, dass die Branche vorwiegend sich selbst bejubelt.“ Denn: „Nur drei Prozent der Nutzer lesen oder schreiben mindestens einmal pro Woche Kurznachrichten per Mikro-Blogging.“ Und die meisten Twitter-Nutzer kommen aus den Bereichen EDV, Medien, Verlagswesen, Multimedia, Internet.

Online-Leichen

Folgende Meldung habe ich bei der Nachrichtenagentur „pressetext“ gefunden:

„Die allermeisten Weblogs entpuppen sich nach kürzester Zeit als Internetleichen. Die so genannte Blogosphäre besteht laut Aufzeichnungen von Technorati, einer Suchmaschine für Blogs, zu 95 Prozent aus brachliegenden Seiten. Viele anfänglich engagierte und hoch motivierte Nutzer verlieren schnell die Lust am Schreiben, haben keine Zeit mehr oder bleiben mit ihren Blogs schlichtweg unbeachtet und erhalten keinen einzigen Kommentar auf ihre Online-Postings. Wenn die Weblogs nicht deshalb sterben, weil das Leserinteresse derart schwach ist, so fallen sie in der Regel dem knappen Zeitkontingent ihrer Betreiber zum Opfer. Immer mehr Blogger geben ihre Seiten auch deshalb auf, weil sie zu aktuelleren Webphänomenen wie Facebook oder Twitter wechseln.

Laut Technorati wurden nur 7,4 von 133 Millionen beobachteten Blogs innerhalb der vergangenen 120 Tage aktualisiert. Die Zahl der Weblogs, die tatsächlich hohen Traffic erzielen, liegt sogar noch weit darunter. „Es sind wahrscheinlich 50.000 bis 100.000 Blogs, die den Hauptanteil an Page Views generieren“, sagt Technorati-Chef Richard Jalichandra. Es gebe den Witz in der Blogger-Community, dass „die meisten Blogs ein Publikum von einem Nutzer haben“.

Wahlkampf online

Vor einiger Zeit habe ich berichtet, dass die SPD das Internet für den Wahlkampf entdeckt hat – Obama lässt grüßen. Die CDU hat allerdings schon vor fast einem Jahr bei youtube.com einen eigenen Kanal namens CDU.TV eröffnet. Bisher gibt es etwas mehr als 148.000 Seitenzugriffe und 755 Abonnenten. Ob damit die Bundestagswahl im Septemer entschieden wird? Ich glaube eher nicht.

G8 war gestern

logoOh weh. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will sich zum Retter in der Finanzkrise aufschwingen. Anfang Juli ist er Gastgeber des nächsten G8-Gipfels. Sein Vorgänger Romano Prodi hatte dafür die Inselgruppe La Maddalena zwischen Sardinien und Korsika ausgesucht. Aber Berlusconi wäre nicht Berlusconi, wenn er nicht viel bombastischere Pläne hätte. Er würde viel lieber mit seinen sechs Kollegen und Frau Merkel auf der MSC Fantasia im Mittelmeer herum schippern. Das ist ein 333,3 m langes Kreuzfahrtschiff, das einer neapolitanischen Reederei gehört und unter panamaischer Flagge fährt. Vielleicht möchte er ja seinen Gästen zeigen, wie sauber Neapel geworden ist?

Spaß beiseite – ich glaube, die G8 haben sich endgültig überlebt. Das hat sogar das Auswärtige Amt gemerkt. Auf dessen Webseite heißt es: „Die internationalen Gewichte haben sich verschoben, hin zu Asien und anderen Schwellenländern. Deshalb müssen internationale Formate angepasst werden, um die Probleme des 21. Jahrhunderts zu lösen. Bundesaußenminister Steinmeier hat mehrmals auf die Bedeutung hingewiesen, die bestehenden Formate globaler Abstimmung zu öffnen und zu erneuern. Die G8 müssten erweitert werden.“

Wohl wahr. Man kann es auch anders ausdrücken: Die G8 haben sich überlebt. Sie repräsentieren zwar zwei Drittel der Weltwirtschaftsleistung, aber nur 14 Prozent der Weltbevölkerung. In der Gruppe der Zwanzig sind dagegen fast 90 Prozent der Weltwirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung vertreten. Unter ihnen viele Schwellenländer, die von der Finanzkrise besonders hart betroffen sind. Ihre Exportmärkte brechen zusammen, die Überweisungen ihrer Gastarbeiter bleiben aus, ausländisches Kapital wird abgezogen und unter europäischen und amerikanischen Rettungsschirmen geparkt. Soziale Unruhen rund um den Globus könnten die Folge sein. Darauf haben die G8 bestimmt keine Antworten.

Zwieback für den Tiger

Die chinesische Journalistin Zhang Danhong ist seit dem 1. März Mitglied der Wirtschaftsredaktion der Deutschen Welle. Sie fühlt sich sehr wohl bei uns und wir freuen uns über diese personelle Verstärkung. Allerdings war die Entscheidung, sie als stellvertretende Leiterin der China-Redaktion abzusetzen, „voreilig und nicht gerechtfertigt. Die Entscheidung war falsch.“ Das findet zumindest der Journalist Ulrich Wickert, der von DW-Intendant Erik Bettermann beauftragt worden war, den Vorwürfen nachzugehen, Danhong arbeite in der Deutschen Welle als Fünfte Kolonne der KP Chinas. Wickert: „Was ein Deutscher sagt, darf eine Chinesin noch lange nicht sagen.“ Wohl wahr. Danhongs Zitate hätten auch von Frank-Walter Steinmeier stammen können. Dann hätte sich kein Mensch darüber aufgeregt. Was Wickert sonst noch herausgefunden hat, steht hier.